Die nicht ganz korrekte Korrektur

Gabor Munier
Geschrieben von:

Gabor Munièr

Autor, freier Kolumnist, Essayist

Rezension zu Beitrag auf correctiv.org

Die nicht ganz korrekte Korrektur

Stolpersteine in der Berichterstattung

Preview Abbidlung der Geschäftsstelle von correctiv.org in Bottrop

"correctiv-shop" | photo by Dennis Bröhl | provided by wir-lieben-bottrop.de

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Lesedauer: 5 mins

Eine ordentliche Hand voll Worte im Mund, die correctiv.org da zu ihrem Slogan machen. Hellhörig geworden und inspiriert worden zu diesem kleinen Beitrag hier bin ich eigentlich nur zufällig. Als ich bei einem Artikel, der mich interessierte, über etwas stolperte, was sich für mich so gar nicht mit diesen Slogan vereinbaren lässt. Dabei habe ich gewisse Sympathien für den Autor und seine Motive diesen Artikel zu schreiben. Aber alles der Reihe nach … Hier der Link zum Artikel den ich kommentieren möchte: Artikel auf correctiv.org | Konferenz der freien Medien.

Eine Rezension zu einem Artikel auf correctiv.org über die „Erste Konferenz der freien Medien“: Wie die AfD rechte Blogger und Identitäre in den Bundestag einlud...

Eigentlich gut geschrieben und gut recherchiert. Aber meiner #Meinung nach - trotz meiner ähnlich angesiedelten Antipathie gegenüber den Protagonisten der Geschichte dieses Artikels (Oder sollte man besser Antagonisten sagen?) -  einfach zu polemisch und zu sehr schmollend gegen eine Gruppe geschrieben, die der Autor nicht mag. Wie ich. Aber das führt zu ungewollten Sympathien der Leser für den Antagonisten der Geschichte, wenn wir mit dieser „ja aber, aber, aber … der is doof“ Mentalität argumentieren. Wann lernen wir das endlich …

Man könnte es abkürzen und sagen: einfach zu "bloggish" für meinen Geschmack. Auch zu "bloggish" für solch eine Domain. Correctiv! ist eine Ansage! Aber vor allem an einen selbst. Aber ich bin ja auch kein Autor einer Spenden-finanzierten freien Presseseite. Ups. Oder doch? … Und selbst wenn, dann habe ich diesen Artikel nicht geschrieben. Und hätte ihn auch so nicht geschrieben. Und wenn, dann hätte sich bestimmt ein pfiffiger Rezensent gefunden, der diese Anmerkungen dazu kommentiert. So wie ich es jetzt tue. Vor allem erwarte ich aber von unabhängiger freier spenden-finanzierter Presse eine klare Abgrenzung von ALLEN politischen Strömungen. Auch und VOR ALLEM den etablierten. Und wer das Schlagwort „Fakten“ in seinem Slogan hat, sollte diese auch nach allen Seiten prüfen! Und nicht mit den gleichen Methoden arbeiten, wie jene alternativen Medienvertreter, die man dämonisiert.

Dazu gehört für mich auch die kritische Hinterfragung der hier erwähnten Pendants zum thematisierten Antagonisten. Leider hat der Autor hier versäumt zu erwähnen, dass es solche heimlichen Abmachungen – wie er sie bei den Antagonisten kritisiert - dort EBENSO gibt. Nur halt anders. Und dass diese seit Jahrzehnten bekannt sind und kritisiert werden. Schlimmer noch, er tritt von einem Fettnäpfchen ins nächste, als er auch noch als erklärende Parallele skizziert, wie es wohl wäre, wenn diese das auch so machen würden, um damit zu unterstreichen, wie verwerflich so etwas doch sei. Dummerweise ist das nicht nur theoretisch so. Ein Chefredakteur eines TV Senders oder einer großen Zeitung zum Beispiel sollte KEIN Parteibuch besitzen. Das wissen wir nicht nur seit den 1940ern sondern auch aus den Jahrzehnten danach. Auf allen Seiten des Eisernen Vorhangs…

Auch finde ich die schlammige Nutzung des Adjektivs recht(-e/er) Herr So-Und-So zu hochfrequentiert umher geschleudert und nicht angemessen für einen anspruchsvoll sein-wollenden Artikel. Wir betonen ja auch nicht ständig, dass viele CDU Mitglieder gläubige Katholiken sind und nennen sie den katholischen Herr SoUndSo, oder nennen jeden einen linken Aktivisten, der sich auf einer Linksparteisitzung rum tümmelt. Es ist wie gesagt einfach zu polemisch und zu einfach, Dinge damit "abzustrafen", was sie unserer Meinung nach im Rahmen einer Zuschreibung für uns sind. Einfach mal testweise jeden Artikel, der diese Auffälligkeit hat, egal welcher Ausrichtung, das Adjektiv mit dem Wort „doof“ ersetzen. Dann wird es klarer was ich meine. Wir müssen akzeptieren, dass es Wähler für „jene“ bedenklichen Parteien gibt, und dass es Menschen gibt, die unserer Meinung nach „doof“ sind, und müssen versuchen bessere Politik für jene zu machen, die glauben dass sie nur genau da richtig aufgehoben seien.

Wer sich selbst als politischer Gegner der AfD & Co sieht (so wie ich und vermutlich der Autor auch), sollte diese auch im Rahmen dessen woran man selbst glaubt sportlich/streittüchtig fair bekämpfen und zwar auf eine Weise, die dem auch entspricht. Alles andere füttert nur den Troll. Oder wie man früher gesagt hat: "Da sitzt der Teufel schon auf dem Dach". Eine AfD kann nur noch über ihren politischen Tod bekämpft werden, auf der politischen Bühne. Mit sachlichen Mitteln. Je sachlicher umso besser und wirkungsvoller. Ohne mit Dreck zu werfen und Ihnen damit immer wieder die Argumente zu schenken, dass dies hier eine Scheindemokratie sei, die solche Parteien wie die AfD ja dringend bräuchte.

Wie schon so viele anerkannte Analysten aller Seiten gut erkannt haben: die Schuld an dem Erfolg dieser Gruppierungen und Parteien ist ganz gut in den eigenen Reihen zu suchen und zu finden.

Nichtsdestotrotz finde ich es wichtig und richtig, dass dieser Artikel kritisch darauf hinweist, dass es solch ein Treffen gegeben hat und wie dieses abgelaufen ist. Aber bitte lasst uns nicht vergessen: Politik sollte nicht in den Medien und in der Presse gemacht werden. Dort sollte nur berichtet und rezensiert werden. Oder öffentlich darüber diskutiert und nachgedacht werden, meinetwegen. Gern auch mal eine emotionale erheiternde Schmonzette vom Stapel lassen al-á Kolumne XY, aber nicht unter dem Deckmantel seriöser Berichterstattung. Das geht nicht.

Aber wie ich erst nach dem Schreiben dieser kleinen Schmä-Rezension erfahren habe, ist wohl correctiv.org nicht das erste mal zum Stolperstein ihrer eigenen Marke geworden. Da möchte ich für das Format fast schon wieder eine Lanze brechen. Denn, wer es nicht weiß, dem sei gesagt: So etwas ohne öffentlich-rechtliche Gelder oder einem großen Verlagshaus im Rücken aufzuziehen ist kein Pappenstil und kostet wahnsinnig viel Zeit und Nerven. Vor allem wenn Profit nicht im Vordergrund steht. Und alles was viel Kraft kostet und über die Grenzen geht ... das ist nun mal Fehler-anfällig. Aber das sind nur Mutmaßungen. Ich weiß nicht wie gut und gewissenhaft oder über welche Grenzen und wie viel gegangen wird im Hause correctiv.org. - In erster Linie wollte ich mich hier auf den besagten Artikel und der meiner Ansicht nach etwas zu polemisch bockigen Manier echauffieren, die meiner Ansicht nach nicht sehr konstruktiv ist im Rahmen der Auseinandersetzung mit bedenklichen Tendenzen in der Gesellschaft.

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Comments

Anna K.

Ja da haben sich die Damen und Herren von Correctiv viel vorgenommen. Dass dies vielleicht nicht immer in Gänze allen zusagt, ist wohl bereits im Vornherein klar gewesen. Aber ich finde es wichtig, dass es solche Tendenzen gibt. Fakten-Checks und auch gemeinsames Einstehen, wie es ja auch schon mit dem Hashtag #ichbinhier versucht wird. Und auch ihr von interscenar.io steuert dazu bei. Die Taktik „Flood them with shit – überschwemmt sie mit Scheiße”, wie sie auch in dem hier kritisierten Artikel beschrieben wird, kann man nur auf dem Wege bekämpfen, indem man den ganzen Shit mit nachweislichen Fakten und sachlichen Kommentaren wegargumentiert.

passant_81

Rechts, Links, Rot, Grün… diese Adjektive bedeuten heute nichts mehr. Zuviel Schubladendenken, zu viel Vereinfachung. Jeder Mensch ist vielschichtiger als eines dieser Wörter. Klar fühlen sich die Menschen auf den Schlipps getreten, wenn sie anhand einer Aussage in einer dieser Schubladen gesteckt werden.

jainami

Naja, ich finde schon, dass man Menschen anhand ihrer Aussagen einem bestimmten Spektrum zuordnen kann. Das heißt ja nicht, dass dies im Widerspruch stehen muss. Ein AFD-Politiker kann ja auch im Bio-Markt einkaufen gehen und sogar ein toller Koch sein. Ändert aber an der politischen Einordung nichts…

HerrDoktor

Jetzt können wir herausfinden, was wir anstelle unserer Groß/Urgroßeltern getan hätten.

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