Berlin (Reuters) - Der Sparhammer der #Koalition trifft vor allem Arbeitslose, Beamte und die Industrie. Das Kabinett verständigten sich am Montag nach zweitägiger Klausur auf ein in der bundesdeutschen Geschichte beispielloses Sanierungspaket im Volumen von rund 80 Milliarden Euro bis 2014. Den größten Schritt macht der Bund bereits kommendes Jahr mit 13,2 Milliarden Euro. Auf Einschnitte zulasten der breiten Bevölkerung und auf Steuererhöhungen verzichtete die Koalition. Wegen der Sozial-Kürzungen gehen Opposition, Gewerkschaften und Sozialverbände auf Konfrontationskurs.
Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte die Regierungsbeschlüsse einen "Kraftakt", mit dem Deutschland in Europa vorangehe. Welche Bedeutung solide Finanzen hätten, habe die Krise in Griechenland und anderen Euro-Ländern gezeigt. FDP-Chef und Vizekanzler Guido Westerwelle sagte, die Koalition baue auf einen Dreiklang aus Konsolidieren, Reformieren und Wachstum. Die Beschlüsse sollen sicherstellen, dass Deutschland die ab 2011 greifende #Schuldenbremse im Grundgesetz und ab 2013 wieder den Euro-Stabilitätspakt einhält.
Dazu muss vor allem der Sozial- und Arbeitsetat herhalten, in den jeder zweite Euro des Bundes fließt. So wird der Staatszuschuss zur Rentenversicherung von Hartz-IV-Empfängern gestrichen, der rund 40 Euro im Monat beträgt. Auch das Elterngeld von 300 Euro für maximal 14 Monate entfällt für sie. Bei Besserverdienern wird das Elterngeld nur moderat gekürzt. Wer keinen Anspruch mehr auf ALG I hat, fällt künftig direkt auf Hartz IV-Niveau und bekommt keinen Überbrückungszuschuss mehr. Hinzu kommen Kürzungen bei Personalkosten für Hartz IV und Arbeitsmarktprogrammen. Insgesamt summiert sich die Neujustierung der Sozialgesetze alleine im kommenden Jahr auf 4,3 Milliarden Euro.
Merkel sagte, es gehe auch darum, die Anreize für eine Aufnahme von Arbeit zu vergrößern. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen betonte, gute Arbeitsmarktpolitik hänge zuerst von der Qualität, und nicht von den zur Verfügung gestellten Summen ab. Die Rentner bleiben von den Kürzungsmaßnahmen völlig verschont.
Geschröpft werden sollen dagegen Banken und Industrie. So werden Energiesteuervergünstigungen abgeschafft, was 2011 eine Milliarde mehr einbringt, in den Jahren danach 1,5 Milliarden. Eine Luftverkehrsabgabe auf in Deutschland startende Passagiere soll eine weitere Milliarde Euro bringen. Sie wird möglicherweise ab 2013 durch die Einbeziehung der Luftfahrt in den CO2-Emissionszertifikatehandel ersetzt. Von den Banken kommen sollen ab 2012 weitere zwei Milliarden Euro aus einer Finanztransaktionssteuer, deren Umsetzung in der EU oder im Rahmen der G20-Länder allerdings noch beschlossen werden muss.
Die Betreiber der Atomkraftwerke sollen für die Sanierung der Schachtanlage Asse und im Gegenzug für Mehrgewinne aus der angekündigten Verlängerung der AKW-Laufzeiten 2,3 Milliarden Euro im Jahr beim Fiskus abliefern. Bei sich selbst will der Bund bis zu 15.000 Beamtenstellen streichen. Die Staatsdiener müssen außerdem 2011 auf die Weihnachtsgelderhöhung verzichten. Zur Disposition stehen bis zu 40.00 Stellen bei der Bundeswehr.
Steuererhöhungen schloss die Koalition dagegen aus. Auch auf Einschnitte bei in der Bevölkerung lieb gewonnenen Subventionen wie der #Pendlerpauschale oder der Steuerfreiheit von Sonn-, Nacht- und Feiertagszuschlägen verzichtete die Regierung. Zudem bekommt die Gesetzliche Krankenversicherung 2011 zwei Milliarden Euro extra, um die Versicherungsbeiträge stabil zu halten.
"Wir können uns nicht all das, was wir uns wünschen, leisten", verteidigte Merkel den Regierungskurs. Westerwelle nannte das Sparpaket solide, ausgewogen und gerecht. Es gelte aber, "80 Milliarden Euro sparen sich auch nicht mit der Nagelschere." Die Gewerkschaft Verdi warf der Bundesregierung vor, den Haushalt auf Kosten der sozial Schwachen sanieren zu wollen. Auch der Sozialverband Deutschland erklärte, durch die anvisierten Kürzungen bei den Schwächsten stehe der soziale Zusammenhalt in Deutschland vor einer Zerreißprobe.
SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach von einem armseligen Konzept aus Luftbuchungen und massiven Belastungen der Arbeitnehmer und der Familien. Der Paritätische Wohlfahrtsverband warnte vor einem Auseinanderbrechen der Gesellschaft. Dagegen machte etwa der Großhandelsverband BGA einen entschlossenen Schritt aus, um den aufgeblähten Staat wieder auf finanzierbare Pfade zurückzuführen. Deutschlands größte Fluggesellschaft Lufthansa reagierte empört auf die Luftverkehrsabgabe. Es werde versucht, mit einem untauglichen Mittel Haushaltslöcher zu stopfen, damit werde aufkeimenden Aufschwung geschwächt.
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