Im Interview: Andreas Popp

Ramon Schack
Geschrieben von:

Ramon Schack

Diplom-Politologe, Journalist und Publizist

Piraten segeln bei starkem Gegenwind

Im Interview: Andreas Popp

Sein Interview für junge Freiheit

Preview Abbildung von Andreas Popp im Juni 2014

"Andreas Popp Juni 2014". | photo by Joachim S. Müller | provided by Wikimedia Commons | © CC BY-SA 2.0

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Lesedauer: 6 mins

Jahrgang '83, Wirtschafts-Mathematiker - Seit November '07 Mitglied der Piratenpartei, kurz darauf bayrischer Vorsitzender, dann Spitzenkandidat zur Europawahl '09 - Seit Juli '09 ist Andreas Popp Stellvertretender Vorsitzender der #Piraten Partei Deutschland und erlangte kürzlich bundesweite Kritik nach seinem Interview mit der umstrittenen Zeitung "Junge Freiheit" - Ramon Schack sprach für interscenar.io im Interview mit Andreas Popp:

I: Herr Popp, knapp eine Woche vor der Bundestagswahl, wie beurteilen Sie die Ausgangslage für Ihre Partei?

A.P: Wir erleben eine Zeit des extremen Wachstums. Inzwischen sind wir zur größten noch nicht im Bundestag vertretenen Partei geworden und die Mitgliederzahl schnellt immer noch steil nach oben. Wir werden zu einer ernst zu nehmenden politischen Konkurrenz für die alten Parteien.

I: Würden Sie eine Prognose wagen? Wie viel Prozent halten Sie für realistisch?

A.P: Das einzuschätzen ist wahnsinnig schwierig, zwischen 0,5 und 5,5% ist  eigentlich alles drin. Wenn wir den Stimmenanteil der Europawahl halten  könnten, wäre das schon ein zufrieden stellendes Ergebnis. Aber das  klare Ziel ist der Einzug in den Bundestag, auch wenn das sicher noch als durchaus ambitioniert angesehen werden kann.

I: Von Max Weber stammt folgende Aussage: "Man kann sagen, dass drei Qualitäten vornehmlich entscheidend sind für den Politiker: Leidenschaft, Verantwortungsgefühl, Augenmaß" An welchen dieser drei Eigenschaften mangelt es Ihnen persönlich noch am meisten?

A.P: So direkt gefragt, ist es wohl am ehesten die Leidenschaft, die mir  fehlt. Ich bin kein Mensch der durch flammende Rhetorik beeindrucken will, sondern durch Argumente. Aber vielleicht steckt da auch schon mehr  Leidenschaft drin, als man auf den ersten Blick vermuten mag.

I: Sie haben kürzlich bundesweite Aufmerksamkeit erlangt, nach Ihrem Interview mit der umstrittenen Zeitung Junge Freiheit. Hat Ihrer Partei - rückblickend betrachtet - dieses Interview mehr geschadet oder genutzt?

A.P: Das kann ich in dieser Situation schwer beurteilen. Die PIRATEN sind keine Partei, die stark von irgendwelchen Galionsfiguren geprägt ist, sondern von ihren Mitgliedern. Das ist unserer typischen Klientel auch klar. Deren Unmut galt also eher mir, als der Partei.

I: Waren Sie persönlich erstaunt, über die starke Kritik? Ist es grundsätzlich falsch, Ihnen politische Naivität vorzuwerfen?

A.P: Ich habe mir einen Moment der Schwäche geleistet, in dem ich den Fehler  gemacht habe nicht nachzudenken bevor ich handelte und da muss ich mir  wohl auch Kritik gefallen lassen. Aber der Mensch wächst an seinen  Fehlern, auch ein junger Politiker. Überhaupt ist Kritikfähigkeit in der  Politik leider Mangelware.

I: Warum haben Sie sich nachträglich von dem Interview distanziert?

A.P: Nüchtern betrachtet, glaube ich inhaltlich das richtige gesagt zu haben.  Aber ich wollte einfach nicht den Eindruck erwecken, dass ich politisch  auf einer Linie mit rechtem Gedankengut stehe. Ich bin, wie der Rest der  PIRATEN, ein klarer Gegner der rechten Ideologie und wollte einfach  nicht selbst in diese Ecke gestellt werden.

I: Wie hat man in der eigenen Partei darauf reagiert?

A.P: Sehr unterschiedlich. Die einen haben mir den Rücken gestärkt und gemeint, ich hätte nichts gesagt wofür ich mich schämen bräuchte und nur das ist was zählt. Andere wiederum hatten genau dieselben Befürchtungen wie ich, nämlich dass sie sich selbst nun entsprechende Vorwürfe anhören müssten und haben mich harsch kritisiert.

I: Könnten Sie kurz schildern, wie es zu dem Interview kam, bzw. welche Rolle der Interviewer dabei spielte? Fühlen Sie sich von der Jungen Freiheit getäuscht?

A.P: Die Mitarbeiter unserer neu gegründeten Pressestelle kritisieren vor allem das Vorgehen der Redaktion der Jungen Freiheit, die offiziellen Presseansprechpartner zu umgehen und direkt eine Vielzahl potentieller Interviewpartner anzuschreiben oder gar zu hause anzurufen. Der ein oder andere unterstellt dabei durchaus System. Man kann sich da schon etwas überrumpelt fühlen.

I: Was war Ihr Fazit daraus?

A.P: Wir sind nicht mehr nur eine kleine Nischenpartei. Eine ganze Generation setzt ihre Hoffnungen auf uns. Um dem gerecht zu werden, muss auch ein ehrenamtlicher Politiker zumindest ein Stück weit an Professionalität gewinnen. Dazu gehört vor allem eine bessere Zusammenarbeit mit dem Rest der Partei, wie eben etwa der Pressestelle.

I: Ihre Partei verzeichnet ein starkes Mitgliederwachstum, wie Sie schon erwähnt haben. Treffen Sie eigentlich gelegentlich Piraten (also Mitglieder Ihrer Partei) auf die Sie lieber verzichten möchten?

A.P: Wie in jeder Organisation gibt es Leute, mit denen man sich besser oder  schlechter versteht. Mir geht es da nicht anders.

I: Wie schaut es mit politischen Extremisten aus?

A.P: Die Leute, die für die Partei an sich nicht haltbar sind, verschwinden meist sehr schnell wieder von der Bildfläche. Da geben alle Piraten schon ein eindeutiges Signal ab.

I: Gehen wir einmal davon aus, die Piraten ziehen in den nächsten Bundestag ein. Mit welchen Parteien würden Sie gerne koalieren, wenn Sie die freie Auswahl hätten?

A.P: Wir sind für alle demokratischen Parteien offen, je nachdem wie viele unserer Ziele wir umsetzen können. Natürlich sind die beiden Teile der großen Koalition derzeit der Motor der  Überwachungsgesellschaft. Mit denen ist eine Zusammenarbeit wohl schwerer, als mit der derzeitigen Opposition. Aber wenn sich die Union bei der Bürgerrechts-Frage vom Saulus zum Paulus entwickelt, dann ist da sicher auch Potential. Ich  glaube derzeit nur leider nicht daran.

I: Mit welchen Argumenten würden Sie versuchen, einen notorischen Nichtwähler, zur Wahl der Piraten aufzurufen?

A.P: Viele glauben, sie können ihren Unmut mit der aktuellen Politik durch Nichtwählen zum Ausdruck bringen. Aber genau das Gegenteil ist der Fall, wer nicht wählt sagt nur, dass er mit allem zufrieden ist, egal was kommt. Stattdessen sollte man seine Stimme für eine neue, offene Art von Politik geben, und die verkörpern die PIRATEN.

I: Haben Sie eigentlich irgendein politisches Vorbild?

A.P: Man sollte bei der Wahl seiner Vorbilder immer vorsichtig sein. Aber am ehesten würde ich Gandhi wählen. Er hat gezeigt, dass Widerstand auch ohne Gewalt möglich ist. Aus einem anderen Blickwinkel ist es auch das Prinzip, dass mich zum Piraten statt zum "Raubkopierer" macht: Gesetze verändern, statt sie zu brechen.

I: Welche politischen Probleme oder Fragestellungen sind nicht mit dem bisherigen Programm Ihrer Partei zu lösen?

A.P: Da gibt es zu viele um sie aufzuzählen. Die Partei, die behauptet die Antworten auf alle Probleme im Programm zu haben, lügt. Wir haben aber dafür das richtige Prinzip: Offene Politik bei der jeder mitmachen kann.

Vielen Dank Andreas Popp.

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