2 Menschen irren so Etwas wie eine Straße entlang. Bildunterschrift: "Verwüstet, Hiroshima nach der Atombombe". Hier befand sich vor Sekunden noch eine Großstadt. Nichts. Nur eine grau rauchende Fläche, bis zum lilafarbenen trüben Horizont. Geschmolzene Gebeine und Skelette schauen aus flachen Steinhaufen, wo zuvor Häuser standen. Sonst nichts. Eine Marslandschaft. Die 2. Bombe, drei Tage später, will dieses Bild mit ihrer Sprengkraft in den Schatten stellen, was ihr zwar nicht gelingt. Aber das Ausmaß lässt eh keine Vergleiche zu. Entsetzen solcher Größenordnungen sollten statistisch nicht verglichen werden.
Gestern war der 65. #Gedenktag. Vertreter der #Atommächte Großbritannien und Frankreich sowie Vertreter 30 weiterer Staaten waren zu der Gedenkfeier bezüglich des genauen Zeitpunkts der 2. Atombomben-Explosion und der vielen Todesopfer zu einer Schweigeminute angereist. Eine Minute! In die 2. Stadt, die je #Opfer eines Atombombenabwurfs wurde. Ihr Name ist weniger bekannt als von der ersten: "Nagasaki".
Die Diskussion darüber wie die Ereignisse historisch zu bewerten sind, gibt es seit 65 Jahren, in der Welt, aber auch in den USA: Müssen sich die USA für die Atombombenabwürfe verantworten? Die gegenseitigen Standpunkte dazu bedienen sich bekannter Rhetorik: Die eine Seite erklärt, dass es auch im Krieg Grenzen gibt, die nicht überschritten werden dürfen und wofür es das Kriegsrecht und die Anklagen wegen überhöhter Kriegsverbrechen gibt. Die andere Seite erklärt die Ausweglosigkeit der Situation und dass man nicht wusste, wie die Situation damals im 2. Weltkrieg sonst ausgegangen wäre. Das Abkommen zwischen USA und Russland wurde von russischer Seite eingehalten und die russische Armee stand in Richtung China und Japan bereit. Nur leider war die USA zu dem Zeitpunkt nicht rechtzeitig darüber informiert und mit ihrer neuen Waffe "schwer" beschäftigt. Einige Historiker meinen, dass es viel mit dem überraschenden frühen Tod von Stalins US-Verhandlungspartner Roosevelt und dem unerfahrenen hitzigen neu eingesetzten Truman zu tun hatte, dass die Dinge so gelaufen sind. Denn nach Roosevelts Tod wurden die Nachkriegsgespräche der Siegermächte sehr einseitig.
Bei der ersten Gedenkfeier, am Freitag dem 06.08.2010 in Hiroshima, zu der der US-Botschafter Roos wohl noch anwesend war, räumte er ein: "Für das Wohl künftiger Generationen müssen wir weiter zusammenarbeiten, um eine Welt ohne Atomwaffen zu schaffen". Entschuldigt hat er sich allerdings nicht und Kritiker hörte da eher die Angst vor einer Revanche heraus als Einsicht, was auch die US Paranoia gegenüber Atomwaffen in Konfliktländern erklären würde. Bei der 2. Gedenkfeier in Nagasaki am 09.08. waren die USA nicht mehr vertreten. "Botschafter John Roos habe andere Termine."
Wie so oft in kommenden Jahrzehnten, wird das Unverständnis gegenüber dem überhöhten Kriegsgebahren der USA hier bereits schon wissentlich ignoriert. Die Wirtschaftsmacht USA war damals bereits in einer Position, die Kritiker leise werden lies. Ein Umstand der sich heutzutage abschwächt und die Kritiker wieder lauter werden lässt. Die Diskussion über eine Entschuldigung erscheint mir jedoch eh absurd. Das wäre als würde man darüber diskutieren, ob ein Mörder sich bei der Mutter des Opfers entschuldigen solle oder nicht. Während er dafür aber noch nicht einmal vor Gericht für Mord verurteilt wurde. Massenmord, um genau zu sein. Denn als was soll man dieses maschinell initiierte Töten sonst bezeichnen? Kriegsführung mit einem "Kollateralschaden" von fast einer halben Million toter Zivilisten wohl eher nicht. Davon abgesehen wird die Diskussion völlig falsch geführt, da wir nunmal dazu neigen unkonstruktiv zu argumentieren und es uns wichtiger ist mit dem Finger auf jemandem zu zeigen, als nach Lösungen zu suchen, so Etwas zu verhindern. Denn Fakt ist, wenn man sich die Forschung der damaligen Zeit anschaut: wäre ein anderes Land schneller mit der Entwicklung der Bombe gewesen, wäre heute ein anderes Land des Verbrechens schuldig geworden.
6. August 1945. Früh am Morgen. Der US-Bomber "Enola Gay" macht sich auf den Weg nach Hiroshima. Er startet von der kleinen Insel Tinian, ca. 2500 Kilometer südöstlich von Japan. Nach mehreren Stunden Flug erreicht er sein Ziel: das Zentrum von Hiroshima. Über dem Zentrum der Stadt wirft das Flugzeug einen runden blechernen Gegenstand ab. Gut 580 Meter über dem Shima-Krankenhaus zündet eine Detonation in einer Dimension, wie wir sie zuvor nur von Stern-Novas und Meteoritenaufschlägen kannten. Der etwas unpassende Name "Little Boy" stand auf dem nach unten fallenden Blechkörper, bevor er detonierte und einen apokalyptischen Pilz aus schillernden Farben und Formen über der Stadt ausbreitete und binnen weniger Sekunden eine ganze Großstadt mit der Hand des Teufels dem Erdboden gleichmachte. Binnen weniger Augenblicke stehen plötzlich nur noch Knochengerippe für einen kurzen Moment anstelle wo zuvor noch Menschen gingen, dann fallen sie in Asche zusammen. Die wenigen Hochhäuser Hiroshimas werden weggefegt, wie von einem Orkan, einer Flutwelle aus Rauch und Drachen-Feuer.
Zu dem Zeitpunkt befanden sich wohl über 350.000 Menschen in der Stadt. 70.000 von ihnen starben nach der Detonation noch im selben Augenblick. Bis zum Dezember 1945 verdoppelte sich die Zahl der Opfer. An den Folgen der Strahlung starben auch Jahre und Jahrzehnte später noch zehntausende Menschen. Bis heute. Am 9. August 1945, drei Tage nach der Detonation, warf die USA eine 2. Atombombe ab, über Nagasaki. Sie trug den Namen "Fat Man" und hatte eine fast doppelt so große Sprengkraft wie die 1. Bombe. Bis Dezember 1945 starben an den Folgen dieser Atombombe etwa weitere 70.000 Menschen.
Makaber aber wahr, 31 Jahre nach dem Abwurf der Atombomben in Hiroshima und Nagasaki: Paul Tibbets, der Pilot, der die besagte erste Atombombe damals über Menschen abwarf, setzt sich 1979 noch einmal in das Cockpit eines B-29-Bombers und wirft wieder eine Atombombe über Menschen ab - diesmal allerdings eine Attrappe. Die Pilzwolke belustigt begeisterte Besucher einer Flugschau in Texas. Und wer noch nicht genug hat von Geschmacklosigkeiten kann sich auch gern bei Amazon den Aufnäher "Little Boy - Riding Girl " bestellen, der eine ganz eigene Geschichte hat: http://goo.gl.
Eisenbahn-Lokführern, die Zeugen eines Selbstmords werden, wenn ihnen ein Passant auf die Gleise vor den Zug springt, sagt man nach, sie seien traumatisiert und bräuchten psychologische Betreuung. Dieser Pilot und seine Vorgesetzten jedoch scheinen ihre wahre Freude an der Präsentation ihres damaligen Massenmordes zu haben. Später entschuldigten sich die USA offiziell bei Japan für die Demonstration auf der Flugschau. Für die echte Bombe vor über 30 Jahren aber nicht.
Die russische Regierung verweist interessanter Weise stets auf die Amerikaner bei der Frage nach dem Beginn und der Existenz von Atomwaffen. Für Moskau war Hiroshima Anlass, sich mit eigenen Atomwaffen gegen die Vereinigten Staaten von Amerika zu schützen. Russland sieht in dem Abwurf der ersten Atombombe den Beginn des Kalten Krieges, der zu einem nuklearen Wettrüsten führte. Es sei eine Machtdemonstration der Amerikaner gewesen, inszeniert für die Russen. Andere Historiker wiederum verweisen auf Otto Hahn, der zu jener Zeit in Deutschland mit Kernspaltung experimentierte und dessen Assistent die Aufzeichnungen mit einer Warnung an Einstein in die USA übersandte. Und die Bombe der USA habe ursprünglich Deutschland gegolten und wurde nach dem Sieg im April '45 in Berlin als Atombombentest und Machtdemonstration gegenüber Russland auf Japan umgelenkt. Theorien über Theorien. Fakt ist: Weder Stalin noch Hitler noch Trumann noch Japan hätte ich damals noch heute als Wissenschaftler die Atombombe in die Hände gegeben.
Heute ist das Verhältnis zwischen den USA, Deutschland und letztendlich auch mit Russland und Japan wohl deutlich besser. In diesem Jahr haben sich US-Präsident Barack Obama und Kremlchef Dmitri Medwedew auf einen neuen Vertrag über die Reduzierung strategischer Offensivwaffen geeinigt. Demnach soll die Zahl der Atomsprengköpfe innerhalb der nächsten sieben Jahre von je 2.200 auf 1.550 reduziert werden. Wow! Dann steht ja da wohl bald der nächste Friedens-Nobel-Preis ins Haus! Sorry - Verstehe ich nicht. Wie wäre es mit 0 Atomsprengköpfen? Nein? Gut. Und von der makaberen Reduzierung von Menschenleben auf Knopfdruck anno '45 in Japan ist kaum mehr die Rede. Keine Klärung? Nein?
Der Holocaust hatte weitaus mehr böse Gesichter und hässliche Fratzen, als es uns Geschichtsbücher glauben machen wollen. Hitler und Stalin waren nur zwei von Vielen. Und wie argumentieren die Verfechter der Demokratie doch so gern: auch im Krieg gäbe es Regeln. Bei aller Ironie dieser Worte, aus dem Munde "großer Krieger": Nähme man sie ernst, würde man heute für Hiroshima und Nagasaki auf "Verbrechen an der Menschlichkeit" angeklagt. Aber dass die westliche Welt da gern mit zweierlei Maß misst, ist ja weitläufig bekannt. Schließlich sind sie die Richter, wenn jemand in der Welt angeklagt wird. Und nicht die Täter. Und wer bitte klagt schon sich selbst an? Und von der angeblichen Isolationsstimmung der damaligen USA der 1940-er gegenüber Europa kann bei der Frage um die Verzögerung ihres Kriegseintritts und der Mitverantwortung am 2. Weltkrieg auch nicht ernsthaft die Rede sein. Denn eine Atombombe muss erst einmal entwickelt werden, bevor man sie abwerfen kann. Dafür reicht die Zeit vom Kriegseintritt der USA bis zum Abwurf im August 1945 nicht aus. Es mag zwar stimmen, dass große Teile der US Bevölkerung keine Lust hatten, sich am 2. Weltkrieg zu beteiligen. Wer kann das nicht nachvollziehen. Aber Fakt ist, dass die USA zeitgleich mit anderen Ländern zu diesem Zeitpunkt bereits über die Idee einer mächtigen Bombe spekulierte was das Wesen der damaligen Staaten nach außen gut beschreibt, wie ich finde.
Für viele Menschen ist der Abwurf einer Atomwaffe in ihrer Vorstellung gleichbedeutend dem Ende der Welt. Bücher und Filme zeichnen unlängst durch einen Atomkrieg verursachte Endzeitszenarios, die Menschheit ausgelöscht, und mahnen immer wieder, dass dies niemals passieren dürfe. Das Risiko von Kettenreaktionen und Gegenschlägen bis niemand mehr da ist, so die Botschaft, wäre viel zu groß. Nicht alle haben wirklich verinnerlichend realisiert: Es ist bereits passiert. Die USA war bereit, das Risiko zu tragen: 1945 in Japan.
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