Ich weiß nicht ob unsere Vorstellungskraft und Fantasie ausreicht um sich den Seelenzustand eines 5-jährigen Kindes vorzustellen, welches bereits 20 Menschen auf Befehl erschossen hat, dessen Vater und Vater des Vaters auch bereits als Kindersoldaten aufwuchsen und deren Mütter vergewaltigt die Kinder austrugen und über Leichenberge am Wegrand stolperten ...
Welch Ironie, dass ausgerechnet wir in Deutschland mit einem unermesslichen Bedarf an Dingen die wir unter der Maßnahme der Selbstverleumdung und Verdrängung billig in Afrika auf zweifelhaftem Wege "erwerben", es sind, die moralisch erhoben vermelden: "Eine der größten und mörderischsten ist die ruandische Hutu-Miliz FDLR. Deren Strippenzieher sitzen auch in Deutschland. Einer von ihnen wurde vor gut vier Wochen in Mannheim verhaftet." (Quelle: WDR) - Aber wie er aufwuchs und wer mit Schuld daran trägt, dass er und viele andere in diesem Land, so aufwuchsen, wird dabei nicht erklärt.
Der Kongo: Ein Fluss, mündend an der südliche Westküste Afrikas in den Atlantischen Ozean. Das Delta des Kongo, eines der größten zusammenhängenden Hochfeucht-Regenwald-Gebiete der Erde, das letzte Schutzgebiet des Gorillas. Ein gleichnamiges Land, welches sich schmal von der Küste bis in die Berge des mittleren Westen weit öffnet, eine Region in der viele viele Generationen von Vätern und Söhnen mit dem Gewehr in der Hand laufen lernten, morden lernten. Ein von Unheil und Blut durchtränktes dunkles Kapitel, welches in der deutschen Presse wenig Beachtung findet.
Nicht weil - wie man meinen könnte - nur heutige Schwerpunkte woanders liegen, und Bürgerkriege gäbe es ja schließlich überall. Nein, sondern aus gewolltem und gutem Grund. Denn uns verbindet eine dunkle Geschichte mit diesem seit Jahrhunderten von Europa gequälten und ausgezerrten intrigierten Land, die man wohl tunlichst unter den Tisch kehrt. Und während der Schuldbewusstseinsdepression für den Zweiten Weltkrieg in Deutschland - die in der Denunziation von Anti-Semitisten und Anti-Islamisten sein heute ihren Höhepunkt findet - telefonieren wir (auch ich) ahnungslos mit unseren modern silber glitzernden Handys, die, wie unlängst bekannt mit Blutgeld gezahlt und hergestellt wurden. Gerade jetzt, in der Weltwirtschaftsdepression und Euphorie über neue Märkte wie China, boomt das Geschäft mit Handys und Computertechnik. Alles Produkte unserer Zeit, die ohne ein gewisses Erz, welches in so hohen Mengen NUR und ausschließlich im Kongobecken zu finden ist, schlichtweg nicht hergestellt werden könnten. Die kleinen Mikrochips in diesen Geräten brauchen ein Erz. Ein Erz wie ein Fluch über dem naturgewaltigen und ehemals schönen Land DR Kongo. Ein Erz, ohne welches auch keine der hochmodernen Militärwaffen, die weltweit im Einsatz sind funktionieren würde. Sein Name: Koltan.
"Die Zahlen, die aus der Region angeblich jetzt bekannt wurden..." - so der WDR - , "...seien erschreckend. Laut eines Berichts der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wurden allein von Januar bis September dieses Jahres weit über tausend Menschen ermordet, fast 8000 Frauen und Mädchen wurden vergewaltigt, heißt es da. Hohe Zahlen sind aber alles andere als neu, genauso wenig wie die Geschichte dahinter neu ist. Aber alles muss sich ja heute am Holocaust messen lassen können. Und ob die Zahlen nicht nach oben korrigiert werden müssten und wo solche Statistiken überhaupt erstellt werden, ist eine weitere Frage.
Schon der damalige - vorher kolonial historisch benachteiligte - belgische König verübte im Kongobecken, mit dem Ziel auch endlich einmal Kolonien so wie seine europäischen Nachbarn zu besitzen, Verbrechen an der Menschheit, welche Hitler, Stalin und viele Andere in den Schatten stellen würden, um an einem der Bodenschatz-reichsten Länder der Welt zu profitieren. Leider wissen die wenigsten davon. Die Situation im Kongo: Damals wie heute. Damals war es der Kautschuk, ohne den es keine Plastik gäbe. Heute ist es das verfluchte Erz Coltan, ohne welches kein Heim-Computer, kein Handy, nicht mal ein moderner Taschenrechner in Ländern der westlichen und östlichen Hemisphere laufen würde. Denn ohne dieses Erz gäbe es keinen Computerchip. Wie war sein Name noch gleich? Richtig: Coltan.
Das jüngste Kapitel müsste eigentlich unsere Tageszeitungen füllen, mit der Schlagzeile "Der Coltan-Komplott" - tut es aber nicht. So wie es auch vorherige Kapitel nicht taten. Seid 98' tobt nun wieder ein nicht mehr enden wollender Krieg, in einem von außen immer wieder von westlichen Intrigen durchfressenden Land, der - so die in New York ansässige Hilfsorganisation International Rescue Committee 2001 verlauten ließ - weiteren 1,7 bis 2 Millionen Kongolesen das Leben gekostet hat. Natürlich ein Nichts vergleichsweise entgegen der Ausrottung von 2 Dritteln der damaligen Kongolesen durch den belgischen König und seinen übrigens auch aus Deutschland stammenden Financiers zur Zeit der ersten Besetzung des Kongos als Kolonie von Belgien. Da fing das ganze Unheil an. Aber doch eigentlich genug um von der hiesigen Presse mehr Beachtung geschenkt zu bekommen, als es leider der Fall war und ist. Zumal die diversen Putsche, Regierungswechsel und Bürgerkriege immer die Handschrift ausländischer Geheimdienste trugen. Doch vollkommen unbeeindruckt vom Gemetzel unter der durch die ständigen Wechsel und Intrigen aufgewühlten und gegen einander aufgehetzten Zivilbevölkerung, gehen die rücksichtslose Ausbeutung und der Export der eigentlich sehr teuren und dadurch doch billigen Rohstoffe des Kongo in die Industrieländer gezielt und unter Ausschluss der Welt-Öffentlichkeit immer weiter. Seid eh und je.
Da könnte man argwöhnisch beginnen daran zu zweifeln, dass auch nur irgendeine der dorthin versandten Truppen, die ja geschickt worden seien (so die offiziellen Worte weltlicher Organisationen und Landesvertretungen) um endlich "Frieden in die Region zu bringen", überhaupt irgendein Interesse daran haben, dass die Bürgerkriegszustände dort jemals enden. Tun sie auch nicht. Denn würde die demokratische Republik Kongo (wie sie heute inzwischen heißt) tatsächlich und nicht nur auf dem Papier zu einem wirtschaftlich unabhängigen Staat werden, der er angeblich schon seit Beendigung der Kolonialherrschaft 1960 sein solle, könnten viele reichlich vorkommende Bodenschätze, so wie auch Kupfer, Diamanten und später das gute Erz #Koltan ziemlich teuer für unsere "Billig"-Konsumgesellschaft und der dahinter stehenden Industrie werden. Und dabei spielt es keine Rolle, ob die dort plötzlich neu ansässigen Rohstoff-Förderfirmen aus Deutschland, China oder sonst irgendwoher aus der Welt stammen. Entscheidend ist: Sie stammen nicht aus der demokratischen Republik Kongo.
Tantal, das aufgrund seiner hohen Energiedichte und Hitzebeständigkeit ein beliebter Werkstoff für kleine elektronische Bauteile ist und im in Kongo reichlich vorkommenden Koltanerz enthalten ist, hat - für die dort lebenden Menschen, Männer, Kinder, Frauen, die zur Kolonialzeit in Massen in die Wälder getrieben, gefoltert, und wie Vieh abgeschlachtet wurden - die Rolle des Kautschuks übernommen. Abgehackte Hände galten als Trophäe unter den Kolonialherren, als Beweis einen einheimischen Kautschuk-Dieb bestraft zu haben. Da war es ein Leichtes in einem so zerstörten Land erneut angebliche "Aufbauhilfe" zu leisten und neues Unglück im Dienste der westlichen Industrie-Welt heranzuzüchten.
Zwar gebe es Koltanerz auch in Australien, Brasilien, Kanada und Nigeria. Der Kongo jedoch verfüge über die größten Koltanerz-Vorkommen in der Welt. Allein über 70% des jährlich wertvoller werdenden Erzes befindet sich im Kongo. Wer diese Vorkommen besitzt oder kontrolliert, hat folglich eine Schlüsselposition in der internationalen High-Tech-Industrie und kassiert am weltweiten Handy-Boom kräftig mit. Derzeit kontrollieren die von Ruanda und Uganda unterstützten Freischärler die fast ausschließlich im Osten Kongos liegenden Tantal-Lagerstätten. Wie die Washington Post annimmt, kaufen die multinationalen Rohstoffkonzerne das Erz direkt von den Rebellengruppen, egal welche Gruppe gerade die Abbaugebiete im Kongo erobert hat oder den Preis nach unten drückt. Der Bürgerkrieg zwischen den Milizen ist vorprogrammiert. Die Ursachen des sogenannten "afrikanischen Weltkriegs" können getrost an diesem Punkt gesucht werden. Es war mit einer der verheerendsten Langzeitkriege die die Menschheit zu verbuchen hat, seltsamer Weise hat man hier davon kaum etwas mitbekommen. An diesem Krieg waren mehr Länder beteiligt, als am 2. Weltkrieg, und hat auch mehr Todesopfer gekostet.
Die zwei größten Verarbeiter von Tantal sind die US-Firma Cabot und die zum deutschen Bayer-Konzern gehörende H.C.Stark in Goslar. Ob diese Unternehmen am "blutigen" Tantal-Geschäft im Kongo beteiligt sind, ist kaum nachzuweisen. Informationen des Tantalum-Niobium International Study Center in Brüssel zufolge, sei es zu schwierig die Handelsströme von Afrika genau aufzudecken.
Wer glaubt im Kongo sei man um Frieden bemüht, muss als naiv betrachtet werden. Denn solang die demokratische Republik Kongo sich in nimmer aufhörenden Bürgerkriegen befindet, solang können ausländische Firmen unter dem Deckmantel der Hilfeleistung und Wirtschaftsförderung fleißig weiter billig Erze schöpfen. Was Verschwörungstheoretiker gern in ihren Trendartikeln über die Ölfelder als Kriegsgrund im Nahen Osten beschreiben, kann hier getrost auf die Erzmienen im Kongo angewandt werden. Es ist die selbe offizielle politische Taktik, die hier greift.
Schon in den 1960er Jahren und weit davor haben Truppen der Großmächte und anderer Länder die unterschiedlichsten Bürgerkriegsmilizen im Kongo unterstützt und somit alles andere, als den Frieden herbeigebracht. Die Frage, warum, kann schnell mit dem hohen Erzvorkommen beantwortet werden. Selbst der damals als Industrieminister Kubas unter Fidel Castro fungierende, und als Freiheitskämpfer geltender und bis heute als solcher von Kubanern geehrte Che Guevara, hatte dem Kongo mit seinen Truppen in den 1960igern nach der Ermordung des ersten und einzigen freigewählten Staatsvertreters des Kongo - Premiere Lumumba - dem Kongo einen "Besuch" abgestattet, um dem Militärführer Kabila im Kampf gegen die neue Mobutu Diktatur zu unterstützen. Eine gescheiterte Mission, von der ihm von vielen Seiten zuvor abgeraten wurde, und nach seiner Rückkehr nach Südamerika seinen Untergang als Guerilla-Führer einläutete.
Die Folgen dieser Tantal-Ausbeutung trägt nicht nur die vom Jahrhunderte lang tobenden "Rohstoffkrieg" betroffene Zivilbevölkerung. Wie die internationale Naturschutzunion (IUCN) am 19. März 2001 meldete, seien über 10.000 Erzsucher in den als Gorilla-Reservat bekannten Kahuzi-Biega-Nationalpark sowie in das Okapi-Wildtierreservat eingedrungen, um die dortigen Vorkommen an Koltanerz auszubeuten. Da sich die illegalen Eindringlinge zum Großteil von der Jagd ernähren, fürchtet die IUCN um die Wildtierbestände der beiden Reservate. "Bergbau, zusammen mit der Präsenz so vieler Menschen, die nach Essen suchen, ist", so IUCN-Mitarbeiter David Sheppard, "eine ernste Bedrohung für die Ökologie dieser Gebiete und eine deutliche Verletzung der Unesco-Prinzipien für Welterbestätten."
Dies alles stört den World Wide Fund for Nature (WWF) in Deutschland nicht, für Handys die Werbetrommel zu rühren. Er startete Anfang des Jahres mit "handy.de", dem, so der #WWF, großen Internet-Portal rund ums Handy, eine ganz besondere Aktion: "Auf der Internetseite www.handy.de kann sich jeder (für 5,00€) das WWF-Logo auf das Handy-Display laden. Ganz einfach per SMS!" Der WWF-Panda ersetze das langweilige Betreiberlogo von D1, D2, E-Plus oder Viag Interkom... So wirbt die Naturschutzorganisation für ein Produkt, das indirekt genau das zerstört, wofür der WWF einen Teil seiner eingenommen Spenden in der Vergangenheit ausgegeben hat. Denn der nun durch die Tantal-Gier der High-Tech-Industrie bedrohte Kahuzi-Biega-Nationalpark wurde auch mit Hilfe des WWF eingerichtet und unterhalten - auf Kosten der dort ursprünglich lebenden Twa-Pygmäen, die im Namen des Naturschutzes aus dem Nationalpark entfernt wurden.
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