Atomwaffen in Konflikt-Ländern

Gabor Munier
Geschrieben von:

Gabor Munièr

Autor, freier Kolumnist, Essayist

Atomwaffen in Konflikt-Ländern

Oder doch das weiße Kaninchen

Preview Abbildung von Atompilz

"Atompilz". © Fair Use gem. der Schrankenbestimmungen in Deutschland.

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Lesedauer: 5 mins

Seltsam ist es schon, dass wir heute darüber diskutieren, ob ein unserer Ansicht nach bedenkliches Land 1 oder 2 Atombomben besitzt. Und die Vielzahl Atombomben in der ganzen restlichen Welt sind unproblematisch? Sollten nicht nach den Erkenntnissen und Abkommen der letzten Jahrzehnte längst alle (?) Atomwaffen weltweit abgerüstet sein?

Ohne eine mögliche Gefahr, die davon ausgehen könnte, schmälern zu wollen: In den 80ern wussten wir schon einmal, dass eine einzige Atombombe genügt, um die Welt vor den Abgrund zu stellen. Kurz darauf wussten wir auch schon einmal, dass schon ein kleiner technischer Fehler der Überwachungssatelliten ausreichen würde, um Abschussrampen zu aktivieren. Seit #Tschernobyl wissen wir außerdem längst, dass der Umgang mit Atomkernspaltung oder - Schmelze grundsätzlich große Katastrophen zur Folge haben kann. Um so weniger verstehe ich, dass man neue Katastrophen braucht, um Atomwaffen und Atomenergie zu thematisieren, und um so noch weniger verstehe ich die spielerische und verantwortungslose zielgerichtete Feindbildmalerei und ihre Ziele gegenüber einzelnen Nationen, die von der Gesamtgefahr aller Atombomben ablenken. Der gefälschte Bericht über Atomwaffen im Irak klingelt uns allen heute noch in den Ohren.

Vielleicht stehen wir wirklich am Rande einer weltweiten Umstrukturierung, und vielleicht wird das 21. Jahrhundert wirklich religiöser, wie Experten anzumerken pflegen. Und - wer weiß - vielleicht haben wir wirklich nicht grundlos #Angst vor wachsendem religiösen #Fanatismus hier und woanders in der Welt. Ich weiß es nicht und werde es deshalb nicht kategorisch anzweifeln. Das sei mal alles dahingestellt. Dennoch: Wird hier nicht durch die Diskussion um eine Nation und ihrer Atomprogramme die Gesamtverantwortung aller Nationen aufgeweicht? Die internationalen Abrüstungsprogramme, die ALLE betreffen, werden nämlich hingegen kaum noch besprochen. Sollten sie aber. Selbst zu Zeiten des kalten Krieges waren wir in unserem Bewusstsein und unserer Entwicklung einer Einstellung, was die Atomkernspaltung im Allgemeinen betrifft, in den Köpfen um Jahrzehnte weiter als heute.

Erneutes Beispiel, heute der Iran: Der Atomwaffensperrvertrag, den Iran 1968 unterzeichnet hat, erlaubt die zivile Nutzung von Nuklearenergie und die dafür notwendige Forschung einschließlich der Urananreicherung. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) mit Sitz in Wien kontrolliert die Einhaltung des Atomwaffensperrvertrags. Sie erstellt regelmäßig Berichte über das iranische Atomprogramm. Der UNO-Sicherheitsrat hat in seiner Resolution 1696 vom 31. Juli 2006 Iran erstmals aufgefordert, die Anreicherung von Uran einzustellen. Teheran weigert sich unter Berufung auf den Atomwaffensperrvertrag. Als Vermittler tritt seit einigen Jahren auch die "EU-Troika" auf, bestehend aus Frankreich, Großbritannien und Deutschland.

Mal davon abgesehen dass, wenn ich das richtig verstehe, sich der Iran hier an das Abkommen hält und Uran nur innerhalb der erlaubten Menge anreichert, ist es doch selbst wenn nicht eine völlige Schwerpunktverschiebung und Irreführung, überhaupt nur über den Iran allein zu diskutieren. Es ist doch eine völlige Schieflage der Verantwortungs- und Überwachungsfrage und der Diskussionskultur, die dem eigentlichen Ziel der weltweiten Abrüstung und weltweit gleichsamen Überwachung aller Staaten gelten müsste.

Schon allein die Frage wie viel Atomwaffen EIN Land besitzen darf, ist in Anbetracht der Tatsache was EINE einzelne Atombombe - egal woher - allein anrichten kann, völlig absurd. Es macht aufmerksam auf eine fiktive Gefahr, die von einer Region ausgeht, und stellt die nicht fiktive sondern reale Gefahr, die von ALLEN weltweiten Atomprogrammen, ihrer technischen Anfälligkeit und dem möglichen unkontrollierten Missbrauch ausgeht, hinten an. Dies sollte aber im Verständnis der Diskutanten eher zurück an den Anfang führen, wo wir uns alle mal einig waren darüber,  dass JEDE Atombombe - egal wo - zu viel ist.

Wie viele Menschen interessieren sich wohl nach der Desensibilisierung durch die Überkommunikation heute noch für das Atomprogramm vom damaligen Irak? Oder heute im Iran? Und schlussfolglich, wie viele Menschen interessieren sich wohl heute noch nach der Desensibilisierung für die vorzulegenden Berichte von Abrüstungsprogrammen und Abkommen anderer Länder der letzten 40 Jahre? Unterzeichnet wurde da vieles, ratifiziert nur weniges.

Jetzt wird ein Aufruf gestartet, der wenn dieser Aufruf tatsächlich noch nötig ist, klarstellt, wie mit den Forderungen der letzten Jahrzehnte umgegangen wurde: (link, bitte lesen sie hier). Dass dieser Aufruf die "Neuerfindung des Rads" ist, dürfte jedem klar sein, der die Bilder von Anti-Atombomben-Demonstrationen in den 1970ern bis heute, den Abrüstungs-Protest-Nacktbildern von John Lennon und Yoko Ono und hunderte von Friedenskonzerten, sowie die Abrüstungsgespräche zwischen Ost und West im "Kalten Krieg" seit Jahrzehnten mitverfolgt hat.

Über 20 Jahre wurden mögliche Opfer von Atomwaffentests verschwiegen und erst seit den 1980ern gibt es offizielle Eingeständnisse gegenüber Geschädigten und Verstorbenen an den Folgen von Atomwaffentests. 20 Jahre nachdem begonnen wurde Testzündungen zur Optimierung von Atomwaffen durchzuführen, werden Hinterbliebene von verstorbenen Opfern sowie Opfer mit bleibenden Schäden erzeugt durch oberirdische Atomwaffenexperimente und ihre gesundheitlichen Folgen symbolisch entschädigt und somit überhaupt erst offiziell eingestanden. Wer glaubt das sind Einzelfälle sollte sich die erschreckenden Zahlen der Aven Foundation anschauen. Wie können denn in einer modernen und Humanismus-orientierten westlichen Welt, in der das Leugnen des #Holocaust zu Recht eine indirekte und nachhaltige Verletzung der Menschenrechte darstellt, über 20 Jahre lang von Staats wegen massenhaft Opfer von Atomwaffentests geleugnet werden? Im Rahmen der Idee einer Demokratie oder wenn man so will auch im Rahmen der Selbstdarstellung der westlichen Welt, die sich gern als zivilisierter ausgibt gegenüber anderen Kulturen, kann ich mir das jedenfalls schwer als überzeugendes Argument vorstellen.

Ich war noch ein Kind, es war 1980, dem Tag danach, eine Zeitrechnung die es auch schon vor 9/11 gab, dem Tag nach dem John Lennon erschossen wurde und überall Kerzen in den Fenstern standen, da habe ich meine Mutter gefragt: "Mamma, was würden die Aliens eigentlich von uns denken, wenn sie zum Ersten mal hier her kommen würden?" Meine Mutter gab unserem Hund einen Kuss auf die Nase und antwortete: "Ich weiß es nicht, Sohnemann. Aber ich glaube nichts Gutes." Eine statistische Erfassung über das öffentliche Interesse bezüglich neuer globaler Abrüstungsgespräche heute, der allgemeinen Stimmung damals als John Lennon gegen Atomwaffen Stimmung machte, und das im Vergleich zur Atomwaffenfrage um den Iran hier und jetzt, würde mich wirklich brennend interessieren. John Lennon. This is for you, Mom. Der ist für dich Mom. Und für die Zeit, in der wir die Kassette im Urlaub rauf und runter gehört haben.

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