Dariha Erketaeva

Ramon Schack
Geschrieben von:

Ramon Schack

Diplom-Politologe, Journalist und Publizist

Im Interview zu Kirgistan

Dariha Erketaeva

Die Politologin angesichts der Unruhe

Preview Abbildung von Soldaten auf Blumenfeld

"Multinational Forces Participate in Regional Cooperation 12 Exercise". | photo by U.S. Air Force, Senior Airman Brett Clashman | provided by Wikimedia Commons | © Public Domain

Preview Abbildung von Kurmanbek Bakiyev

"President of Kyrgyzstan Kurmanbek Bakiyev 2014". Im Zuge der Tulpenrevolution wurde Kurmanbek Bakiyev am 24. März 2005 zum Chef einer Übergangsregierung und am Tag danach zum Übergangspräsidenten bestimmt. Am 10. Juli 2005 wurde er mit 88,9 % der Stimmen (bei 74,6 % Wahlbeteiligung) zum Präsidenten gewählt. Am 25. Juli 2014 ist er von einem Gericht in Bischkek zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Bakijew lebt seit April 2010 im Exil in Weißrussland. | photo by Steele C. G. Britton, U.S. Air Force | provided by Wikimedia Commons | © Public Domain

Preview Dariha Erketaeva zur Zeit des Interviews

"Dariha Erketaeva" Zur Zeit des Interviews war Dariha Erketaeva in Kirgistan für die dänische Hilfsorganisation DanChurchAid tätig.

Preview Abbildung von Landschaft von Jety Oguz

"Jety-Oguz Kyrgyzstan 2010". Typische Landschaft der Ortschaft Jety Oguz im Nord Osten Kirgistans aufgenommen 2010. | photo by Bala Biott | provided by Wikimedia Commons | © CC BY-SA 3.0

Preview Abbildung von Landkarte Kirgisistan

"Karte von Kyrgyzstan". Kirgisistan (amtlich Kirgisische Republik) ist ein Binnenstaat mit rund 5,5 Millionen Einwohnern in Zentralasien. Er grenzt im Norden an Kasachstan (1.113 km), im Südosten an China (1.048 km), im Süden an Tadschikistan (972 km) und im Westen an Usbekistan (1.374 km). Die Hauptstadt ist Bischkek. | photo by Leonid 2 | provided by Wikimedia Commons | © CC BY-SA 3.0

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Lesedauer: 4 mins

Die gebürtige Kirgisin Dariha Erketaeva hat in Deutschland Internationale Beziehungen studiert und ist zur Zeit in Kirgistan für die dänische Hilfsorganisation DanChurchAid tätig. Die Unruhen in Kirgistan werfen Fragen auf. Frau Erketaeva betont, sie gibt in diesem Interview nur einen persönlichen Eindruck wieder, sie kann nicht im Namen der Organisation "DanChurchAid" sprechen.

I: Frau Erketaeva, 5 Jahre nach der sogenannten "Tulpen-Revolution", ist Kirgistan überraschend wieder in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit geraten. Wie stellt sich für Sie die aktuelle Lage in Bischkek nach der Flucht von Präsident Bakijew da?

Dariha Erketaeva: Die Ereignisse der letzten Tage haben die kirgisische Öffentlichkeit überrascht, sogar schockiert, nachdem mehr als 70 Menschen getötet wurden. Andererseits musste es zu einer Reaktion kommen, da der Unmut gegenüber der gestürzten Regierung überhand nahm. Präsident Bakijew ist offiziell nicht zurückgetreten, aber die Interims-Regierung kontrolliert das Land.

I: Wie reagieren die Menschen auf den Umsturz?

Dariha Erketaeva: Niemand nennt es hier eine Revolution, eher eine soziale Explosion, basierend auf den harten ökonomischen Rahmenbedingungen. Die Bevölkerung unterstützt die Übergangsregierung, welche von der Opposition geführt wird. Mehr als 70 junge Männer wurden am 7. April erschossen. Kirgistan hatte bisher keine Erfahrung mit Gewalt und Blutvergießen diesen Ausmaßes. Diese Tragödie erschütterte die Bevölkerung und führte zu Wut auf diejenigen, die den Schießbefehl ausführten.

Die Solidarität innerhalb der Bevölkerung ist enorm, zahlreiche Menschen spenden Blut. In den Strassen von Bischkek haben sich zahlreiche Freiwillige versammelt, um weitere Plünderungen zu verhindern. Es gab Provokationen, bezüglich des regionalen Gefälles Kirgistans. Die Einheit Kirgistans steht aber hoffentlich nicht zur Disposition.

Bischkek (AFP) - Nach der Machtübernahme der Opposition in Kirgistan hat Interims-Regierungschefin Rosa Otunbajewa eine Übergangsregierung gebildet und Neuwahlen versprochen.

I: Gibt es Anzeichen dafür, dass diese von Plünderungen und Blutvergießen flankierten Unruhen von ausländischen Kräften gesteuert werden? Haben Sie davon einen Eindruck? Oder in wieweit hat sich da ihr Eindruck bestätigt oder verändert?

Dariha Erketaeva: Momentan kann ich den Einfluss ausländischer Kräfte nicht bestätigen. Kirgistan ist aber natürlich aufgrund seiner geopolitischen Lage im Blickfeld großer Mächte.

I: Der Sturz von Bakijew dürfte im Interesse Russlands liegen. Halten Sie einen Einfluss Russlands bei diesem Umsturz für möglich?

Dariha Erketaeva: Ich bin weit davon entfernt zu behaupten, Russland hatte direkten Einfluss auf die Unruhen. Menschen tendieren zu Verschwörungstheorien, deshalb vermuten viele Kirgisen Russland hinter den jüngsten Unruhen. In diesem Zusammenhang sei die Frage erlaubt, in welchem Ausmaß Bakijew für die Verschlechterung der Kirgisisch-Russischen Beziehungen verantwortlich zu machen ist.

Russland hatte der kirgisischen Regierung einen großen Kredit angeboten für das Versprechen, den Amerikanern die Erlaubnis für deren Militärbasis zu verweigern. Bakijew hatte dieses Angebot ausgeschlagen, dafür aber einen höheren Kredit der USA angenommen. Außerdem gab es in Moskau Pläne, eine zweite Militärbasis zu eröffnen, worauf die gestürzte Regierung aber nur zögerlich reagierte.

Allerdings darf man nicht die innenpolitischen Faktoren außer Acht lassen, die zum Ausbruch der jüngsten Gewaltwelle führten. Armut, Inflation, Korruption, mangelnde Transparenz der Regierung. Die Einflussnahme der Familie Bakijew auf die Politik Kirgistans, besonders während der Präsidentenwahl im vergangenem Juli, führte zu der Verhaftung von Unschuldigen, eingeschränkter Meinungsfreiheit, ja sogar zu der Verfolgung und Ermordung von Journalisten.

I: Sind Sie optimistisch, dass sich die aktuelle Lage demnächst wieder stabilisieren wird?

Dariha Erketaeva: Momentan scheint die öffentliche Ordnung wieder hergestellt. Die Wirtschaft ist angeschlagen. Plünderungen werden ausländische Investoren abhalten, kurzfristig in Kirgistan zu investieren. Vieles hängt momentan von der Kompetenz der Übergangsregierung ab. Ich bin weder optimistisch, noch pessimistisch. Die neue Regierung sprach von einem Zeitraum von 6 Monaten, um die Probleme zu lösen. 6 Monate sind aber sicherlich viel zu kurz gegriffen, um Probleme zu beseitigen, die tiefe Ursachen haben.

I: Vielen Dank Dariha Erketaeva.

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