Erst einmal ist man sich in der Öffentlichkeit wohl nicht einig was Krautreporter ist: Laut kotundkoeter.de ist Krautreporter die Journalismus-Crowdfunding-Plattform für den deutschsprachigen Raum. Viele Journalisten haben die Idee für eine Story im Kopf, die nur darauf wartet, recherchiert und veröffentlicht zu werden. Krautreporter bietet Journalisten wie Printreportern, Fotografen, Dokumentarfilmern oder Podcastern die finanzielle Möglichkeit, eine Story zu recherchieren und zu veröffentlichen. Krautreporter sorgt dafür, dass Journalismus nicht am Geld scheitert. Journalismus-Crowdfunding ermöglicht Storys, die wichtig sind, die aber niemand finanziert. Für manche journalistischen Projekte haben Medienunternehmen einfach kein Geld mehr. An deren Stelle treten bei Krautreporter viele freiwillige Unterstützer. Sie finanzieren mit kleinen Beträgen Reportagen, Recherchen und Reisen, Features, Fotos und Filme. Krautreporter macht aus Lesern Journalismus-Förderer. (Quelle: http://kotundkoeter.de)
Laut Webseite von Krautreporter selbst geht es um "Zeit für Journalismus" - "Krautreporter ist eine Community, die Journalismus im Netz ermöglichen möchte. Dafür nehmen wir uns Zeit – zum Recherchieren, Experimentieren, Diskutieren und natürlich zum Lesen. Warum glauben wir, dass es Krautreporter braucht? Weil vielen Medien Klicks wichtiger sind als Geschichten. Weil niemand mehr den Überblick behalten kann, wenn die Welt nur noch in Eilmeldungen erklärt wird. Weil Werbung nervt. Weil sich auch in seriösen Online-Medien der Boulevard ausbreitet. Wir wollen es anders machen. Mit Reportagen, Recherchen, Porträts und Erklärstücken. Über Themen, mit denen wir uns auskennen. Mit der Zeit, die nötig ist, um eine Geschichte zu erzählen. Und den Hintergründen, um zu verstehen, was auf der Welt passiert."
Laut Tagesspiegel (Quelle: http://tagesspiegel.de) ist es eine überfinanzierte durch großangelegtes Crowdfunding stark mit Erwartungen verknüpftes Mammut-Projekt, dass aber Gefahr läuft zu platzen, sich in Widersprüche verrennt und dem Funding gegenüber etwas wortbrüchig wirkt, und diese Gefahr sehe ich (leider) auch. Und nein, das ist kein Bashing oder Stutenbeißerei gegen Konkurrenz, weil wir uns wünschen würden dass solche Projekte funktionieren, denn wir glauben, dass es mit alternativen Medien sich ähnlich verhält wie mit einer Einkaufsstraße: Gute Nachbarn beleben das Interesse. Zumal ein Scheitern solcher Projekte schwere Folgen für alle dieser Projekte nach sich zieht. Aber dazu später mehr. (Danksagung: Ein befreundeter Fotograf mit dem zum verwechseln ähnlichen Namen Armin Rhode brachte uns zu diesem Artikel im Tagesspiegel.)
Zuerst einmal zu meinem Grundproblem an dem noch jungen Presse-Projekt "Krautreporter": Journalismus darf so nicht funktionieren, weil es eine Zweiklassengesellschaft aufmacht, in der ausschließlich zahlungsfähige Leser ihre Meinung zu Geschriebenem kund tun dürfen. Stellen Sie sich vor Sie müssten für Leserbriefe bezahlen. Das wird zum Einen wahrscheinlich nur von Wenigen angenommen, weil es gibt genug andere Orte wo man kommentieren kann und zum anderen wird es nicht mehr lukrativ genug sein die Kommentare zu lesen, weil man schon weiß, dass es Kommentare aus einem zahlenden Club sind, und nicht die Meinung aller Leser wiederspiegelt. Ich weiß, ich bin Idealist und ein hoffnungsloser Optimist. Aber gehen wir mal davon aus ich würde Recht behalten.
Da das aber das finanzielle Grundgerüst des Unternehmens ist, fürchte ich dass dieses ganze Projekt bald bröckeln könnte. Was sehr schade wäre. Nicht wegen dem Projekt allein, sondern vor Allem wegen dem wachsenden Misstrauen, was durch solche Projekte dann in der Startphase nachkommender Projekte dieser Art auf Grund dieser Erfahrung entgegen schwappt.
Eine weitere Kritik des Tagesspiegels möchte ich noch kommentieren: Dass man versucht sich nicht auf die offizielle Schlammschlacht vor Startbeginn einzulassen, kann ich ja nachvollziehen und die Empörung darüber wirkt etwas überzogen, nur hätte ich mir in der Tat eine wärmere und bemühtere Erläuterung und ein paar Infobroken mehr gewünscht.
Ich beobachte die Entwicklung im Netz seit langem sehr genau und bin weder Gegner noch Verfechter klassischer Medien. Ich halte es für sehr schwer eine große klassische Zeitung zu betreiben und vermisse von Ahnungslosen ein wenig den Respekt davor, so etwas zu stemmen. Genau das führt dann dazu, dass eventuell einige unseres Schlages glauben es wäre leicht so etwas nachzuahmen. Man muss nur laut genug trommeln. Da halte ich es lieber mit leisen, bedachten Projekten, wie "perlentaucher.de" oder uns "interscenar.io", die gute Zusatzlektüre zu den klassischen Zeitungen bieten und das ausfüllen, was eine große Tageszeitung nicht immer schaffen kann oder in den Rand Kommentar verbannen muss: langhaltige Reflexion von Schlagworten, Neuigkeiten und/oder Rückreflexion von alten Neuigkeiten, was aus ihnen geworden ist und eine eher essayische Besprechung bieten können.
Auch sind Tageszeitungen unter enormen Druck, während wir uns unsere Themen ruhig auswählen können. Im Fall von Fassette kommt noch die Vorgeschichte hinzu: dass wir ursprünglich aus einem Autorenaustausch Portal mit einem Überraschungserfolg bei Lesern heraus gewachsen sind. Der Tagesspiegel nennt solche Projekte wie uns im Vergleich zu "Krautreporter" als gesünder gewachsen. Was indirekt ein Kompliment an uns ist. Aber dennoch besorgt mich wenn so ein großes Projekt wie Krautreporter scheitert, weil es wird langfristig das Funding solcher Projekte mit einem Beigeschmack versehen, der uns allen nicht gut tut. Wer weiß ob es irgendwann einmal in einer Entwicklung der Medien gar nicht mehr anders geht als mit Crowdfunding. Die Zeit hat uns gelehrt, dass man solche Entwicklungen nie genau absehen kann und wir würden uns aufrichtig wünschen, dass das Projekt funktioniert, und dass sich alle lieb haben, keiner den anderen als Konkurrent sieht und auch die "Großen" solche Projekte nicht als Gefahr betrachten.
Denn es muss irgend jemanden geben, der das Misstrauen der Leser auffängt, das sollte alle Journalisten interessieren, und am besten sollte das von Autoren, Publizisten und Journalisten getan werden die halbwegs wissen was sie da tun um nicht noch mehr Schaden in den Köpfen der Leser anzustellen. Blogs oder Attraktion-heischende Bewegungen und ihre Online Auftritte wären dafür qualitativ einfach viel zu fragwürdig. Nur genau denen spielt man in die Hände, wenn man hier gegeneinander kämpft oder solche Projekte nicht gelingen. Wahrscheinlich wäre es klug gewesen da auch mehr das Gespräch mit etablierten Medien und Anderen außerhalb ihres Entwicklungsteams zu suchen. Aber wissen kann ich das nicht. Nur vermuten.
Add new comment