Die Waage zwischen Freiheit, Anstand & Zensur

Gabor Munier
Geschrieben von:

Gabor Munièr

Autor, freier Kolumnist, Essayist

Frei sprechen will gekonnt sein

Die Waage zwischen Freiheit, Anstand & Zensur

Freiheit ist nur so wertvoll wie seine Nutzer

Preview Abbildung des Logos von Youtube

"YouTube logo" | photo by Rego Korosi | provided by flickr | © CC BY-SA 2.0

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Lesedauer: 3 mins

Youtube geht endlich härter gegen Beleidigungen vor. So zumindest die jüngste Ansage einer der größten Video-Plattformen, die viel mit dem Problem der Kommentarkultur seiner Nutzer zu kämpfen hat. Google, der Betreiber von Youtube und einstiger Verfechter der absoluten #Freiheit im #Internet, merkt nun selbst, dass die Freiheit einer Person, tun und lassen zu können was sie will, nicht immer mit der dazu notwendigen Verantwortung gepaart genutzt wird. Das schwierige Unwort #Zensur schwebt nun über den Häuptern der Internet-Pioniere...

Die letzten 50 Jahre standen unter dem großen Banner der Freiheit. Zumindest in der westlichen Welt. So glaubte sie. Die Wenigsten haben sich dabei mit dem Begriff, seiner Bedeutung und den Zusammenhängen ausreichend befasst. Das ging so weit, dass wir bereit waren diese gewaltsam in andere Länder zu tragen. Manchmal wussten wir dabei aber gar nicht, dass diese Menschen in gewisser Weise freier waren als wir selbst. Stimmen die im Zuge dessen Bedenken äußerten und anmerkten, dass Freiheit kein allgemein gültiges Schlagwort sei, sondern immer nur im Rahmen einer Gruppe definiert werden kann und innerhalb dieser nur in der Form möglich ist, wo diese auch bereit ist dabei gewisse Grenzen nicht zu überschreiten, und dass dies nun mal nicht überall als angenommen betrachten werden kann, wurden als verschroben, konservativ und mit Diktatur-Anhänger-Beschimpfungen abgewinkt.

Doch auch ein mit inzwischen einigen Jahrzehnten Erfahrung auf dem Buckel gewachsener Medien-Konzern wie Google muss eingestehen, dass an diesen Bedenken etwas dran ist und Freiheit ein empfindliches und sehr interpretierfähiges Gut ist, was nicht einfach in jedem Fall angewandt werden kann. Die sogenannte "Freie Welt" muss sich eingestehen, dass sie ihre Werte mit einer gewissen Ignoranz und Undiskutierbarkeit verfochten hat ohne den tieferen Sinn ihrer eigenen Werbeslogans verstanden zu haben. Sonst wüsste sie, dass Freiheit eine Waage ist und die eigene Freiheit oft die Freiheit anderer beschneidet. Und umso schmerzlicher ist jetzt das indirekte Eingeständnis, doch noch dazulernen zu können.

Das wird zwar nicht dazu führen, dass man anfängt die Moderne in der wir leben kritisch zu betrachten, oder gar frühere Systeme und ihre Motive neu zu bewerten. Das wäre ja zu sehr über den eigenen Tellerrand geschaut. Aber zumindest zeigt es eine minimale Entwicklungsfähigkeit und eine nicht völlig ausgebreitete Beratungsresistenz unserer Welt gegenüber Methoden, die eigentlich nicht neu sind und im Grunde darauf abzielen Regeln aufzustellen. Weil der Mensch leider nicht immer im Stande ist, dies für sich selbst zu tun um die Freiheit aller zu schützen.

Quelle: dpa -> Redwood City (dpa) - Die Videoplattform Youtube verschärft nach Kritik ihr Vorgehen gegen Beleidigungen. Die Google-Tochter wird künftig ausfällige Äußerungen auf Basis von Geschlecht, Hautfarbe oder sexueller Orientierung löschen. Das gelte für Nutzer, Videoautoren und auch Politiker, betonte Youtube in einem Blogeintrag am Mittwoch. Youtube-Kanäle könnten künftig nach mehreren Verstößen gegen die Richtlinien auch komplett entfernt werden, betonte die Plattform.

Blogeintrag von Youtube

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Comments

Lorian

Ja die Sache mit der Freiheit. Ich finde es gut wie hier mal kritisiert/angesprochen wird, dass „unsere Freiheit“ nicht dem Freiheitsgefühl von jedem Menschen über all auf der Welt gerecht wird. Das sollten wir uns viel öfter bewusst machen.

T.G.

Endlich tut Youtube mal etwas gegen diese schreckliche Kommentar“kultur“. Wobei die besagten Kommentare meistens eher unkultiviert sind. Ob das damit zu tun hat, dass die beiden Googlegründer Brin und Page sich weiter aus dem Konzern zurückziehen und nun anderen an ihre Stelle rücken? Vielleicht bringt das mit der Zeit noch mehr Veränderungen… wo das hinführt, werden wir erst noch sehen…

elliot

Den Anstand hat der Mensch doch im Internet längst verloren. Gerade die Freiheiten des Internets haben im Menschen mal wieder das allzu (un)menschliche hervorgebracht.

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