Quentin Tarantinos satirischer Umgang mit dem schwierigen Thema akzeptable Gewalt gegenüber bösen Schurken wird fraglos die Gemüter spalten - so ein Zitat aus einer Kinokritik zu dem neuen Streifen von Starregisseur Quentin #Tarantino, ein Film namens "Inglourious Basterds". Warum überrascht diese vorsichtige Äußerung nicht? Mal von dem offensichtlichsten Fehlgriff zum Film abgesehen: die etwas geschmacklose aber vielleicht ungewollte Parallele der Truppe zu den real existierenden "Blackwater", eine Sondereinheit der US Truppen, die mehrfach in der öffentlichen Kritik standen wegen ihrer Methoden und wegen ihrem Sonderstatus, der es ihnen ermöglicht, außerhalb staatlich angeordneter Kriegstaktik, fernab jeglicher Menschenrechts-Konventionen, zu agieren.
Die Ähnlichkeit der Truppe mit den skandalösen US Blackwaters, schon auf dem Cover ... sorry ... aber einfach nur geschmacklos. Die Sondereinsatzkommandos aller Zeiten, egal wann in der Geschichte der Menschheit, haben mehr zivile Opfer als alles andere verursacht und sind bekannt für ihre Brutalität und stumpfe Sinnlosigkeit. Wenn das Ironie sein soll, ist diese aber bei den meisten Autoren der positiven Kritiken und ihren Ausführungen nachweislich nicht angekommen.
Und kein Mensch, der direkt oder indirekt Zeuge von sinnlosem Tod in Kriegen oder Ausnahmezuständen war oder so etwas hautnah miterlebt hat, kann so einen Film mögen noch als "spannend" oder "unterhaltsam" empfinden. Und solch einen Film dann auch noch als "genial" zu betiteln, ist ein Schlag ins Gesicht einer jeden Mutter, die ihr Kind durch "Rumballerei" solcher "obercoolen" Sonder-Truppen verloren hat. Mr. "Tarantellino" hat mal wieder bewiesen, dass er seinem abgestumpften Spladder Publikum treu bleibt und hat das mir unerklärliche Glück als Filmemacher weiterhin überbewertet zu bleiben. Bitte schön. Ich gönn's ihm. Aber er möge sich bitte an die Grenzen der Menschlichkeit halten, oder deutlich machen, dass er es als kritische Überspitzung meint (ob man das glauben möchte, ist dann wieder eine andere Sache). Bis dahin muss ich ihm unterstellen, dass er es nur macht um bei guter Kasse zu bleiben.
Und empört bei wiederholtem Nachfragen bezüglich der Brutalität seiner Filme aufzustehen und aus dem Interview zu gehen und sich darüber zu beklagen, dass man in Europa nicht verstanden habe, dass diese Interviews dazu da seien den Film zu promoten und nicht um kritische Fragen zu stellen, macht die Sache nicht besser. Im Gegenteil: Dieses Verhalten zeugt von einem ziemlich schief liegenden Verständnis für freie Pressearbeit und hat große Chance darauf, das "Tarantellino" es in den klischeebeladenen amerikanischen Anti-Image Olymp aus dem Blickwinkel der restlichen Welt schafft, einem geistig leider oft zu flachem Sumpf aus der Verknüpfung Amerikas mit dem moralischen Verfall der modernen Gesellschaft in den Köpfen der Menschen im Rest der Welt, in der er dann einen Platz neben McDonalds, Donald Trump, Coca Cola, Bush und anderen flach gezeichneten Anti-Amerika-Symbolen einnehmen würde. Herzlichen Glückwunsch.
Was Erfolgstaktik für Filme betrifft, macht dieser Film zumindest alles richtig. Warum? Er ist provozierend. Nach den jüngsten Skandalen um die Blackwater Spezial Truppe der US Armee, die in Südosteuropa immer noch wild um sich schießt und alles abknallt, was ihnen nicht passt, sowie dem innenpolitischen US-Skandal mit den Irak-Veteranen, die zurück im Heimatland gleich erst einmal ein Rekord in Massenmorden aufstellten und wodurch überhaupt erst einmal aufgedeckt wurde, in welch furchtbare Spezialeinsatz-Massaker sie im Irak involviert waren, ist es mit Sicherheit eine gelungene Provokation, solch einen Film als Entertainment anzubieten. Zitat von einem der Veteranen später vor Gericht, der zu den mutmaßlichen Amokläufern zählt: " ... ein zirka 16 jähriger Junge fuhr auf dem Fahrrad an uns vorbei während wir den Weg runter spazierten außerhalb eines Einsatzes und mein Mann neben mir Schoss ihn ohne zögern einfach so vom Fahrrad ... Man hat Killermaschinen aus uns gemacht". Das verstehe ich jetzt nicht? Ich dachte es geht um Schurken über den Haufen schießen? Ist doch egal ob der 16 war oder auf einem Fahrrad saß? Was interessiert uns hier das Völkerrecht? Und was hat das mit dem Film zu tun. Das ist doch Kunst? Die darf das.
Bleiben wir mal auf dem Teppich: Tarantino ist Hollywood-Kino per Excellence und stößt - gemessen an heutigem Fernsehen - nun wirklich niemandem vor den Kopf mit Gewalt im Film. Auch bin ich nicht gewillt in diesem Film eine höhere Kunst zu sehen. Muss man ja auch nicht, stimmt. Aber das wäre die einzige annähernd mögliche Erklärung gewesen, für seinen meiner Meinung nach überschätzten Streifen, der mehr aneckt, als wirklich in sich trägt. Denn wenn man Liebe zum Detail sucht, oder zu Darstellern, oder gar den Rollen oder der Geschichte, die erzählt wird oder anderen Ausnahmeerscheinungen in seinem Film, die ihn besonders machen würden, wird man leider nicht fündig. Der Witz sei, so erklären seine Verfechter, dass es darum nicht ginge, und es ein Ventil sein soll, und Ironie, um die Horrorgeschichte von damals neu zu schreiben. Natürlich auch bewusst als Provokation inszeniert.
Fragt sich nur wer hier provoziert werden soll? Die Zivilisten, Mütter und Väter der toten Kinder im Irak, die von genau solchen Truppen tagtäglich heimgesucht werden und ihre Repressalien und ihr Morden erdulden müssen? Oder die #Neonazis in Deutschland, USA und Ukraine? Warum sehe ich Parallelen zu diesen, und jenen Menschen, die im Stande sind solch einen Film zu genießen ohne dass ihnen bei dem Bild eines Kriegsopfers vor Augen schlecht wird?
Kurz zum Plot des Films, der passt auf eine Streichholzschachtel: Gute Buben gehen zu bösen Buben, böse Buben werden abgeschlachtet. Die guten Buben sind eine Spezialeinheit der US Armee, die bösen Buben sind die Nazis im 2. Weltkrieg. Punkt. Und die guten Buben sind gefürchtet und extrem brutal in ihrer Vorgehensweise, denn schließlich geht es nicht um irgendwen, sondern um Nazis. Wichtig dabei ist dass fast alle Nazis von Deutschen besetzt werden, das macht das Ganze natürlich glaubwürdiger: Man soll sich ja in die Rolle die man spielt als Schauspieler auch richtig hinein versetzten können.
Eine deutsche Schauspielerin sagte einmal zu mir vor ein zwei Jahren: "Und wenn ich noch so geil auf Hollywood wäre, ich würde für nichts und Niemanden in der Welt eine Nazi-Frau spielen, niemals!" - Auch wenn ich die Antwort schon kannte, fragte ich: "Warum?" - Sie antwortete: "Weil ich nicht glaube, dass es um Mahnung oder Aufklärung geht, auch nicht darum, so etwas noch einmal zu verhindern oder Antipropaganda zu machen, sondern darum, Klischees als Entertainment aufrecht zu erhalten und damit Geld zu verdienen. Während ganz neue Formen des Nazifaschismus mehr und mehr um sich greifen, machen wir Nazi-Fasching mit alten SS-Kostümen. Naja, und es war ja zu erwarten, dass ein Herr Schweiger da auch auftaucht. Das passt und ist wenigstens konsequent.“
Besser hätte ich eine Filmbeschreibung zu diesem Film nicht auf den Punkt bringen können. Wer mal wirklich einen guten Film über die Nazi Problematik und Faschismus, in dem Fall im Kopf der Jugend sehen will, der sollte sich "American History X" mal anschauen. Da ist man zumindest bemüht darum, ein paar Fragen zu stellen und dem Thema die gebührende Aufmerksamkeit zu geben. Und wenn man damit schon einen humorvollen Umgang sucht, dann vielleicht ohne Blut. Weil das lässt zumindest jeden noch halbwegs gesunden Menschen die witzig gemeinte Inszenierung als geschmacklos erscheinen. Dann doch lieber Charlie Chaplins Diktator. Das wäre da eine Option.
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