Killer Joe

Britta Leuchner
Geschrieben von:

Britta Leuchner

Filmkritikerin, freie Publizistin

Filmrezension

Killer Joe

Eine Kritik zum Kino-Film

Preview Abbildung des BluRay DVD Covers zum Kinofilm - Killer Joe - 2011

BluRay/DVD Cover zum Kinofilm "Killer Joe" aus dem Jahr 2011, mit den Schauspielern Matthew McConaughey und Emile Hirsch (v.l.n.r.). Der von William Friedkin inszenierte Film basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück von Tracy Letts, der auch das Drehbuch für die Verfilmung verfasst hat.

Themen Bereich
Lesedauer: 5 mins

Killer Joe (EN/DE) | 2011

Regie: William Friedkin
Drehbuch: Tracy Letts
Originalsprache: Englisch
Produzenten: Nicolas Chartier, Vicki Cherkas, Molly Conners
Musik: Tyler Bates
Kamera: Caleb Deschanel
Schnitt: Darrin Navarro

Schauspieler (Cast):

Matthew McConaughey: Killer Joe Cooper
Emile Hirsch: Chris Smith
Thomas Haden Church: Ansel Smith
Gina Gershon: Sharla Smith

Produktion: Voltage Pictures, Picture Perfect Corporation, Worldview Entertainment, ANA Media
Produktionsland: Vereinigte Staaten
Länge: 102 Min. | Freigabe: FSK ungeprüft

Was soll ich sagen: Filmtechnisch grandios, unfassbar gelungener Cast, einzigartige nicht stereo-typische Charaktere, permanent unerwartete Wendungen, Groteske und Subtilität im Script bis zum Abwinken, aber immer gut bedacht und mit einer #Metaebene versehen, also ein wirklich gut gemachter Film, der bei mir nur wegen meiner Grund-Abneigung gegen Gewalt gepaart mit Humor Abzug bekommt. Obwohl man ja hier sagen muss, dass es einem brutaler vorkommt, als er im Vergleich statistisch gesehen zu anderen Filmen ist. Was beweist, wie gut er inszeniert ist. Denn die Brutalität hat hier mehr Wirkung als bei einem Film mit statistisch mehr Brutalität und weniger szenarischem Geschick. Die Wirkung im Verhältnis zum eigentlichen Geschehen ist meiner Meinung nach Absicht und soll hinterfragen, ob diese Geschehnisse wirklich so brutal sind, die wir da grad sehen. Im Verhältnis zu anderen Dingen gefragt, versteht sich. Zum Beispiel im Verhältnis zu was jene zuvor anderen durch ihre Lebensweise angetan haben. Ich habe auf dem Schulhof schon bedeutend absurdere Beziehungsgeschichten gehört als die von Dottie und Joe, und er wählt Dotties Alter ganz bewusst, denn dies ist heute die umstrittene neue Altersgrenze der Sexualreife die in der Soziologie und Sozialpädagogik große Debatten hervorruft. Kein uninteressanter Diskussionsbeitrag in der Rollen-Motivation von Dottie und ihrem Leben, wie ich finde, und keinesfalls nur sinnlos oder lieblos brutal dahin inszeniert. Und die Anzahl der Toten ist ja sogar weniger als in den meisten Kinderzeichentrickfilmen heutzutage oder bei einer MacGyver Folge in den Achzigern. Vor allem sterben nicht irgendwelche Passanten. Es gibt in diesem Film keine wirklichen Opfer. Das ist das geniale an diesem Filmkonzept, was den Film von anderen der Machart unterscheidet und mich milde stimmt. Ein wirklich sehenswerter und seltener Film, wie ich finde. Und je länger ich darüber nachdenke, um so mehr wundere ich mich über die angebliche Zensur wegen Brutalität in den Staaten. Mich würde die statistische Erfassungsweise dieser Einschätzung mal interessieren. Aber das FSK finde ich nicht zu hoch gesetzt. Eher bei anderen Filmen zu niedrig.

Um gleich zu der wahrscheinlich einsetzenden Kontroverse zu kommen und warum ich diesen Film als positiv bewerte während ich Tarantinos Filme so stark angreife: Einige beschreiben den Film hier sogar als Möchtegern-Tarantino? Oje, ich glaub einige verdrehen da was gewaltig: Also erstens mal ist Fiedkin schon Kult gewesen, da hat "Tarantellino" noch in die Windeln gemacht und zweitens, bei aller vielleicht oberflächlichen Ähnlichkeit die man zu Grinsebackes Filmen sehen könnte, hat die Rollendefinition und Groteskität der Protagonisten bei Fiedkin viel mehr Feinschliff, Atmosphäre, und metaphorische Schwere im Gegensatz zu den Tarantellino Filmmarionetten, die, so möchte man manchmal glauben, nur ins Bild gestellt werden, um sich dann genüsslich um den Splatter um sie herum kümmern zu können. Einfach lieblos. Bei Fiedkin haben die Charaktere Priorität, das hat mich trotz der Brutalität des Filmes angesaugt und festgehalten. Ich klebte förmlich an den Augen der Pro- und Antagonisten und wollte mehr über ihre Gefühlswelt wissen. Selbst der Hund war einfach nur genial. Denn er bellte und krakelte nur wenn bestimmte Leute in die Nähe kamen.

Aber ja es stimmt, womit ich bei beiden schwer zu kämpfen habe, ist die selbstverständliche Brutalität der Filme, die ohne mit der Wimper zu zucken vom Publikum zum Kult erklärt wird. Wobei ich wie gesagt die Brutalität hier eher in der Wirkung als in den Fakten sehe. Aber dennoch halte ich dies für bedenklich und im Zeitalter der ausufernden Medienberichterstattung bis zu einer Liveübertragung von Hinrichtungen und Ähnlichem nicht immer für zeitgemäß. Aber bei Fiedkin fällt es mir in seiner Machart leichter zu glauben, dass er Gewalt im Grunde verabscheut, da seine Filme irgendwie im Subtext insgeheim eine andere Sprache sprechen als Tarantinos Splattermovies. Es hat bei Fiedkin irgendwie mehr etwas theatralisches. Seine Rollen haben eine unglaubliche Form der Art miteinander zu kommunizieren. Das hat mich schon sehr beeindruckt. Wie Joe die neue Freundin vom Vater verbal in die Mangel nimmt, wie sie diese allmähliche Bedrohung spürend im Gespräch schauspielerisch umsetzt. Einfach genial. Die Gesichtszüge des Vaters und von der Tochter im Allgemeinen, einfach ein großartiger Cast, großartig geführt. Der Sohn war mir manchmal ein wenig zu drüber, aber das war ok, in Anbetracht seiner Lage. Aber er hatte ständig dieses aufsässige Telenovela-Entsetzen im Gesicht, was ich bei Schauspielern nicht ertrage.

Und im Gegensatz zu anderen hier bin ich von Matthew McConaugheys Leistung ganz und gar nicht überrascht. Sie war gut, aber das verwunderte mich nicht. Ich habe ihn auch schon in anderen guten Rollen gesehen und er ist, abgesehen davon, dass ich mit vielen hier die Abneigung gegenüber bestimmen "weichspül"-Filmen teile, ein sehr solider Schauspieler. Ich bin auch nicht so schnell dabei Schauspieler mit den Rollen die sie häufig zugeschoben bekommen zu identifizieren. Also auf Grund fehlender Enttäuschung gab es hier auch keine positive Überraschung, bis auf die Abendkleid- und Hühnchenszene, die bei mir zugegebener Maßen schon die Mutfrage aufkommen lies, also ob Matthew McConaughey eventuell gezögert hat, diese Passagen so zu spielen.

Gesamteindruck: bemerkenswerter Cast, bemerkenswertes Drehbuch, bemerkenswerter Film von einem beachtlichen Altmeister in einem beachtlichen Alter umgesetzt.

Themen Schlagworte

Add new comment

The content of this field is kept private and will not be shown publicly.

Plain text

  • No HTML tags allowed.
  • Lines and paragraphs break automatically.
  • Web page addresses and email addresses turn into links automatically.