Stefan Strumbel - der milleniale Beuys Effekt

Gabor Munier
Geschrieben von:

Gabor Munièr

Autor, freier Kolumnist, Essayist

Wunsch nach Deeskalation und freiem Raum zur Rezeption

Stefan Strumbel - der milleniale Beuys Effekt

Warum muss immer alles groß sein

Preview Karl Lagerfeld mit einer Uhr von Stefan Strumbel
Themen Bereich
Lesedauer: 3 mins

Was Schlingensief für das Theater der Jahrtausendwende war, will Strumbel vielleicht für eine neuere Generation von Kunstrezipienten mit seinen Arbeiten sein? Zumindest wirkt es so, wenn man Analogien - die ja immer etwas hakelig sind - freimütig bemühen und zulassen will.

Ich habe jedoch Zweifel. Vieles von dem was man bei Interesse erhaschen kann, wirkt ... wie ein witziger T-Shirt Spruch, oder ein "Spiel mit der Umgebung", wie es so schön heißt. Oder wie die Spontan-Ölmalerei der Post-Pollock Ära, die sich ja dann mit dem Sitzbezug der Berliner S-Bahn entgültig den wahren Wert beimaß: Oberflächlich. Und oft emotional nachträglich (v)erklärt. Irgendwie im Kern nicht brennend, nicht notwendig. Nicht wie ich es von großen Künstlern kenne, oder ersehne. Wo man immer das Gefühl hat: es war zwanghaft und zutiefst emotional getrieben notwendig. Unausweichlich.

Und nein, dabei geht es nicht um die uralte Debatte: Was ist Kunst. Die, wie ich finde, nicht selten völlig aneinander vorbeigeführt wird, weil die Beteiligten nicht merken, dass sie über zwei verschiedene Dinge diskutieren. Die einen über den Kunstbegriff und dessen Bedeutung und Stellenwert in unserer zivilisatorischen Entwicklung. Und die anderen eigentlich über "Kunsthandwerk" im Sinne von Handwerk sowie Kunst im Sinne von "Können".  Aber dafür müsste man weiter ausholen. Darüber kann man stundenlang Säle füllen und Debatten führen. Die Meinungen gehen weit auseindander. Und genau da wird es haarig. Oder eben nicht. Denn am Ende ist es doch keine reine Kopfsache mehr. Das ist ja das Spannende und irgendwie auch "esotherische" - wenn ich wieder einmal eine heikle Analogie bedienen darf - an Kunst. 

Joseph Beuys wurde im selben Zusammenhang viel diskutiert. Viele Beteiligte solcher Diskussionen halten Beuys heute für überschätzt. Und laut einer Legende die eines Tages alle Tageszeitungen füllte, sah das eine Putzfrau in einem Museum wohl ganz genauso. Als sie ein "Kunstwerk" von Beuys versehentlich wegputzte und damit einen Millionenschaden verursachte. Aber genau da sehe ich das eigentliche Problem. Denn für überschätzt halte ich ihn eigentlich nicht. Für mich war Beuys nur besser in einem Philosophie-Hörsaal aufgehoben als in einer Galerie. Ich versteh nur eben nicht die Verhältnismäßigkeit und den Millionwert eines Kunstwerkes, was zu 80% aus rieselndem Sand besteht. Wie würde eine alte Frau auf Sizilien vielleicht dazu sagen: "Das ist doch nicht die Mona Lisa!"

Und damit kommen wir zu meiner Analogie in der Überschrift. Ich will hiermit nicht sagen: "Strumbel, was soll das alles?" Weil ich versteh ja "was es soll". Meine Kritik basiert nicht auf Unverständnis. Auch nicht unbedingt auf dem Künstler direkt selbst. Sondern vielleciht vielmehr an der "Bubble". Ich zweifele an der Verhätlnismäßigkeit. Nicht jeder kann ein bedeutender Jahrhundertkünstler sein. Und das ist auch gar nicht schlimm. Wenn man es aufrichtig meint, braucht man das auch gar nicht. Sein, meine ich. Weder als erstrebenswertes Ziel. Noch als abschließende Anerkennung.

Aber das Problem an den heutigen Zeiten ist eben, dass alle und alles einen Trigger braucht, um ihre Sachen durchsetzen zu können. Also ist es wichtig "Figuren" zu haben, die man zu Hofe rufen kann, um den Saal voll zu kriegen. So entstehen substanzschwache Mythen. Und eine Welt voller Marketing mit viel Hohlraum. Vehementer Mißbrauch von Superlativen, die nur noch Worthülsen sind. Und dabei hätte Vieles davon bei genauem Hinschauen sogar das Prädikat Kunst verdient. Nur den erkennt es sich selbst ab in der Art wie es mit der Wirtschaft und Ökonomie inklusive der "Besprechungsindustrie" drum herum interagiert. Das erinnert mich an einen schönen Satz von Restarantkritiker Simon: "Irgendwann hat sich Paris mit den Michellin-Sternen selbst ausgehöhlt und ich empfand es als aufregender einen kleinen Imbiss ums Eck auszuprobieren, als einen neuen Stern an Molekular Küche zu vergeben..."

Denn am Ende ist jede Kunst auch eine Performance zu der es eine Geschichte gibt. Die ist heute meistens der Schwachpunkt.

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