Oliver Stone verärgert Serienfans

Britta Leuchner
Geschrieben von:

Britta Leuchner

Filmkritikerin, freie Publizistin

Gewalt in Breaking Bad

Oliver Stone verärgert Serienfans

Aufruhr wegen einem Kommentar

Preview Abbildung von Oliver Stone

"Oliver Stone". William Oliver Stone ist ein US-amerikanischer Regisseur, Drehbuchautor und Produzent, der vor allem für explizit politische Filme bekannt ist. Er hat bereits dreimal den Oscar erhalten. Zitat von Stone: „Ich sehe meine Filme vor allem als Dramen über Individuen in persönlichen Kämpfen, und ich sehe mich selber zuerst als Dramatiker, dann erst als politischen Filmemacher." | photo by Gage Skidmore | provided by flickr | © CC BY-SA 2.0

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Lesedauer: 4 mins

... So lautete eine Schlagzeile auf dem bekannten Filmportal moviepilot.de. Und während das eventuelle Grundanliegen der Autorin in mir sehr viel Sympathie zum Thema Ambivalenz von Krieg und #Gewalt in Medien weckt, sehe ich eine drastische Verkürzung des Sichtfensters zu Stone hier als Ursache für gefährliche Polemik. Was am Alter der durchaus positiv motivierten Autorin liegen mag oder dem Umstand dass Gesprächsstoff geschaffen werden musste. Auch ich entfache schnell wenn ich Widersprüche innerhalb der Medien in Fragen zu Krieg und Gewalt sehe. Und auch wenn es hier wohl eher darum ging die Serie gegen eine Kritik öffentlich zu verteidigen, ist letztendlich auch eine positiv zu bewertende Grundfrage enthalten. Gewalt in Medien.

Dennoch stößt mir erst einmal die dem Blätterwald entlehnte Rhetorik auf: "Fragen über Fragen" (?) ... Schnell antwortet der aufgeweckte Leser darauf natürlich unverzüglich: Wozu? Dazu, dass Stone Gewalt in einer Erfolgsserie öffentlich zum Thema macht, während in seinen - wohlgemerkt Gewalt-kritischen - Filmen bereits Gewalt vorkam? Auch in Theaterstücken von Heiner Müller, Brecht und Schlingensief kommt Gewalt vor. Ist das alleinige vorkommen von Gewalt also schon ambivalent genug? Gute und sehr berechtigte, ja oft sogar wie ich meine, unterschätzte Frage. Wenn es die gemeinte Frage gewesen wäre...

Die Frage muss sein: in welchem Kontext. Vor allem bei und von wem. Stone, ein Mann, der gerade in Japan eine interessante Rede über US Politik und US Waffenhandel nach Japan hielt, den Atomwaffeneinsatz in Erinnerung ruft. Ein Mann, der mit "JFK" eine Debatte auslöste, die dazu führte, dass alle Regierungsdokumente zum Fall Kennedy vor Ablauf der Schweigezeit unter gerichtlichem Beschluss veröffentlicht werden mussten. Ein Mann, der mit "Platoon" und "Born on the 4th Of July" alles andere als Kriegshelden, sondern eher psychisch instabile Jugendliche, die im Konflikt mit dem Krieg standen, in den sie zogen, zeigte. Auch ich habe des Öfteren angemerkt, dass ich es für konsequenter halte, dann gar keine Gewalt zu zeigen, auch denn nicht, wenn es im sie ginge, darum Gewalt zu kritisieren. Aber das würde ich nicht anbringen um eine TV-Serie in Schutz zu nehmen, während ihr Gewalt vorgeworfen wird. Was wäre das dann? Ambivalente Ambivalenz?

Sicher: die Ambivalenz bleibt. Und so bin auch ich immer wieder gefordert die Dinge auseinander zu nehmen während mir die Widersprüchlichkeit und die aufkommenden Emotionen im Kampf gegen die Verrohung der Medien und Zuschauer die Sicht vernebeln. Aber die Frage ist hier berechtigt: wurde hier nur eine profane Debatte provoziert oder war die Entrüstung gegen Gewalt gemeint? Und wenn, war sie echt?

Eine Antwort könnte anstelle von Attention-Whoring so etwas wie Comment-Whoring sein. Man könnte eine eigene Webseite füllen mit Antworten und Kommentaren der Internet-Nutzer im Allgemeinen, zu irgendetwas Gesagtem, von irgendjemandem Bekannten da draußen in der Öffentlichkeit. Und dann könnte man eine durch Reich-Ranicki bekannt gewordene Geste mit der Hand machen und sagen: #Youtube reicht dafür doch nun wirklich aus, und nervt doch schon ohne Ende! Also bitte!

Aber im besten Falle war dies gar nicht die Intension. Im besten Falle haben wir hier eine neue wenn auch kleine Debatte über Gewalt in den Medien wieder los getreten. Was nie schaden kann. Nie genug getan werden kann. Auch wenn es der Autorin vielleicht nur darum ging ihre Lieblingsserie vor widersprüchlicher Kritik zu schützen. Leider sieht die Realität in den Kommentaren unter dem Artikel auf moviepilot.de aber anders aus. Eine unzählige Riege an unqualifizierten Kommentaren darüber, dass er das doch nicht sagen könne, weil er doch selbst solche Filme gemacht habe, oder dass es doch egal sei, wo es ballert Hauptsache es ballert, und so weiter. Eine Dichte an Unwesentlichkeit die ich bei der jetzigen Situation und Oliver Stones derzeitigen politischen Ambitionen für sehr verantwortungslos halte.

Geht auf die Website von Oliver Stone, informiert euch darüber, worum es ihm grad geht, egal ob ihr ihn mögt oder nicht, und dann, meinetwegen redet mit oder schreibt meinetwegen dann einen Artikel darüber. Aber bitte kommentiert nicht vorher über ein so wichtiges Thema, welches hier indirekt angestoßen wird, ohne den Weitblick dazu zu nutzen.

Eine weitere Kritik am Eingangsartikel sei bitte noch verziehen: Ihm vorzuwerfen, er informiere sich nicht über eine TV-Serie (was ich persönlich als protestierender NICHT-Besitzer eines Fernsehers sehr sympathisch finde) - während ihr noch nicht einmal für nötig haltet, seine momentanen weitaus wichtigeren politischen Aktivitäten zu durchleuchten, halte ich für ziemlich aberwitzige Selbstironie. Denn dann wäre euch gerade aktuell seine Rede in Japan aufgefallen, wo er über den Waffenhandel der USA nach Japan spricht und darüber wie die USA aus Russland ein Monster machte. Mal von seiner Geschichte, seinem Gesamt-Engagement ganz abgesehen.

Aber dafür ist die Autorin und ihre Lesergemeinde eventuell noch zu jung, was ich nicht als Angriff oder Herablassung meine.

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