New York ist seit #9/11 nicht mehr das was es einmal war, heißt es heute oft in öffentlichen Kommentaren. Ist das so? Oder ist die Wahrheit nicht viel schmerzlicher, dass der Glanz New Yorks schon lange vor 9/11 abstumpfte und der Sog der bebenden Multikulti-Metropole und Geburtstätte des metropoliten Weltbürgers unlängst abebbte. Mich hat diese Stadt, um ehrlich zu sein, aus ihrem historischen Kontext heraus schon immer fasziniert, unbeeinflusst von der (alt)neu-europäischen Aversion. Und damit meine ich weder die Architektur der Glaspaläste, vor denen sich die Touristen tummeln und das Symbol des goldenen Ochsen darstellen, noch meine ich das großstädtische Flair. Nein, ich meine tatsächlich die Geschichte der Stadt und ihrer Bürger. Zu einer Zeit wo es kaum Platz für freies Denken gab auf der Welt. Architektur ist da zweitrangig.
New York ist nicht Paris. Aber New York ist auch nicht Amerika. Ein Satz den man nie vergessen darf. Daher interessiert es mich auch eigentlich nicht allzu sehr, ob sie gerade an Ansehen gewonnen oder verloren hat. Aber wenn man genau hinschaut ist diese Stadt schon auch architektonisch nicht uninteressant. Woran liegt es also, dass sie im Rest der Welt das Symbol für #Amerika geworden ist, und immer nur Hochhäuser, Leuchtreklame und blau-rot-weiße Flaggen damit verbinden? Um das zu verstehen, müsste man eine Menge Geschichtsbücher wälzen und viel weiter zurückgehen als vor oder nach 9/11. Und noch viel weiter zurück als in die 1990er, muss die Geschichte Amerikas und die New Yorks genauer beleuchten und gegenüber stellen, und auch die Aversion Europas gegenüber dem Land USA und der Stadt mit gesunder Skepsis gegenüber stehen. Denn wo der Antiamerikanismus geboren wurde, das würde einige gutgläubige Mitmenschen vielleicht erschrecken und gleichzeitig auch Aufschluss darüber geben, warum New York damals wie heute ein wichtiges und oft unterschätztes Monument moderner westlicher Geschichte ist.
Klar, außenpolitisch hat Amerika sich mit Äras wie die von Nixon und den beiden Bushs sicherlich keinen Gefallen getan. Bei genauem Hinsehen wird man aber feststellen dass da wenig davon abhängig war, welcher Präsident gerade das Land vertrat. Damals wie heute. Aber interessant ist doch dabei, wie sich solche von Europäern oft als außenpolitische Entgleisungen empfundene Aktivitäten der USA immer auch auf die Beliebtheit von New York negativ ausgewirkt haben, was ja letztendlich nur der Beweis dafür ist, wie wert-trächtig diese Stadt doch ist und warum das zuletzt ja auch auf absurdeste Weise in die Tragödie von 9/11 gipfelte. Denn, warum sonst solch ein Ziel wählen? Aber wie wenig Nixon und Bush eigentlich mit New York und unserem Bild von Amerika zu tun haben, und wie viel unsere Aversion gegen Nordamerika mit einem alt-europäischen Hass gegen die Neue Welt zu tun hat, scheinen viele nicht zu wissen. Bei den meisten würde es schon reichen Ihnen mal Ahnen- und Stammbaumforschung nahezulegen, um sie in einen kleinen Schock zu versetzen und begreiflich zu machen, wie sehr sie mit dieser inzwischen etwas in die Jahre gekommenen Neuen Welt verbunden sind.
New York ist nicht Amerika. Und Amerika ist nicht Ohio. Ein weit verbreitetes Phänomen, nämlich dass der geopolitischen Verallgemeinerung von viel zu großem Regionen, die in ihrer Größe und Weitläufigkeit aus der Distanz unterschätzt, in ihrer Vielschichtigkeit geschrumpft werden, ist Ursache für häufige perspektivische Vermengung und kann zu Nutze gemacht werden um Feindbilder aufzubauen. Für viele Europäer ist New York fälschlicherweise Amerika. Aber das würden viele aus dem Innenland Amerikas mit einer Abneigung gegenüber Städten wie New York zu bestreiten wissen. Denn in der Tat: New York ist nicht gleich Amerika. New York ist New York. Wie viele Male Europa von der Fläche her in die der USA passen würde, und wie groß schon allein die Unterschiede zwischen München und Berlin dabei sind, das sind Vergleichswerte, die bei diesen Verallgemeinerungen oft nicht berücksichtigt werden.
So musste eine Metropole, die vor lauter #Hoffnung und kreativem Geist sowie Weltbürgertum und dem #Traum vom modernen demokratischen Menschen nur so strotzte, gleichzeitig immer auch noch für die provinziellen Entgleisungen der Macht-Männer mit seinem globalen Prestige herhalten, gewann und verlor somit immer wieder wechselnd seine Anziehungskraft, je nachdem wofür Amerika gerade stand. Und mit Schuld daran waren oft besagte Männer, die selbst kein Haar an dieser ihnen so fremden, für sie so blasphemischen Metropole gelassen haben und sicherlich nicht allzu traurig über den wechselnden Imageverlust der Stadt waren. Es soll US-Präsidenten gegeben haben, die nie einen Fuß in diese Stadt gesetzt haben. Eine Stadt, die im Outbag Amerikas und im Süden in der inneramerikanischen Geschichte oft als die liberale Stätte der Unzucht und des links-intellektuellen Geistes und somit als eine ihrer größten Erzfeinde gesehen wurde. Wenn Kritik am Ku Klux Klan oder an Republikanern geübt wurde, wenn die Todesstrafe kritisch diskutiert wurde, wenn innenpolitisch mit Skandalen abgerechnet wurde, dann kam das doch oft aus Staaten und Städten, wie dem weltoffenen und "landesverräterischen" New York.
Um New York ein bisschen mehr abgegrenzt von Amerika verstehen zu lernen, sollte man sich mal die ersten Farbfotografien aus der Zeit des 2. Weltkrieges anschauen und einen Eindruck von einer Stadt bekommen, die zu der Zeit wirklich in der Zukunft lebte, während Europa gerade in das vorletzte Jahrhundert zurückgebombt wurde. Nicht ohne Grund flohen hierhin viele Intellektuelle und Künstler aus dem 2. Weltkrieg und haben von hier aus später Weltruhm erklommen. Wir haben Fotos dazu aus dem Netz gesammelt und waren uns einig darüber, dass dies das Prädikat "Fundstück der Woche" würdig sei. Viel Spaß beim stöbern.
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